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Kultur: Farbig-digitaler Blick in die Vergangenheit

Peter Walther stellt heute seine Bildband-DVD „Deutschland in frühen Farbfotografien“ in der Villa Quandt vor

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Etwas fehlt. Das Gefühl, wenn man einen dieser großen Bildbände durchblättert. Das Gewicht des Buches, die schweren Seiten, das Besondere, wenn man in die großformatigen Bilder eintaucht. Doch knapp 1500 Farbfotografien im Posterformat in einem Bildband zusammenzufassen, würde in Anbetracht der Kosten nur ein exklusives Vergnügen bleiben. Also gilt es, neue Wege zu beschreiten.

Peter Walther hat dies getan. Er hat die knapp 1500 Bilder unter dem Titel „Deutschland in frühen Farbfotografien“ bei Zeno.org herausgebracht. Die Verpackung ist nicht größer als ein Taschenbuch, und deutlich schmaler. Doch Walther hat auf Papier verzichtet. Sein Bildband ist als digitale Bibliothek erschienen, als Datenpaket auf einer DVD. Heute stellt er diese Bilder-DVD auf Einladung des Brandenburgischen Literaturbüros in der Villa Quandt vor.

Auf den ersten Blick wirken die Landschaftsfotografien wenig spektakulär. Farbige Ansichten mit romantischem und Sehnsucht weckendem Anstrich gibt es an jedem Bahnhofskiosk im Postkartenständer zu kaufen. Doch was die Bilder auf „Deutschland in frühen Farbfotografien“ so interessant macht, ist die Zeit der Aufnahmen. Die Bilder unter anderem aus Brandenburg, Berlin, Bayern, Sachsen, Thüringen und dem Schwarzwald sind zwischen 1902 und 1930 aufgenommen, einer Zeit, deren Bild bei den Nachgeborenen vor allem durch Schwarz-Weiß-Fotografien geprägt ist. Doch schon 1861 hatte der Schotte James Clerk Maxwell zum ersten Mal erfolgreich mit der Farbfotografie experimentiert.

Was an den Bildern auf „Deutschland in frühen Farbfotografien, die auf einem herkömmliche Computer leicht abzurufen sind – das Blättern übernimmt hier die Maus –, erstaunen lässt, ist eine gewisse Zeitlosigkeit, die vielen der Motiven innewohnt. Da ist der Blick durch den Babelsberger Park auf das zum Teil hinter Bäumen versteckte Matrosenhaus, dahinter ragt der Flatowturm. Man könnte glauben, das Bild sei gerade erst im vergangenen Jahr aufgenommen. Nur mit kundigem Blick würde man erkennen, dass die Vegetation, wie auf diesem Foto zu sehen, so heute nicht mehr vorhanden ist. Doch wer würde ahnen, dass dieses Bild im Jahr 1920 fotografiert wurde?

Dem Verleger Carl Weber ist es zu verdanken, dass die Vielzahl von Farbfotografien aus Deutschland am Anfang des 20. Jahrhunderts bis heute erhalten geblieben ist. Ab 1906 hatte Weber in der „Verlagsanstalt für Farbenphotographie“ mehrere Bildbände mit Farbfotos nicht nur aus Deutschland, auch aus Österreich-Ungarn, Italien und der Schweiz veröffentlicht. „Das Ausstattungskonzept blieb über die Jahrzehnte gleich: Einer Reihe von großformatigen, auf schwarzem Karton kaschierten Farbfotodrucken, die als Einzelblätter zu einer Mappe zusammengefaßt waren, wurde ein ebenfalls farbig illustriertes Begleitheft beigegeben, dessen Texte kulturgeschichtliche Erläuterungen zu den Motiven boten“, schreibt Peter Walther in seiner Einleitung. Ab 1912/13 erschien die Reihe „Deutschland in Farbenphotographien“. In insgesamt dreizehn Einzelbänden wurden weit über 1000 Aufnahmen zusammengetragen, die Städte, Dörfer, Landschaften und gelegentlich auch Menschen zeigten.

Auch wenn die DVD „Deutschland in frühen Farbfotografien“ das Haptische eines Bildbandes vermissen lässt. Wer sich darauf einlässt, kann auch am heimischen Computer eine besondere und wunderbare Zeitreise erleben. Dirk Becker

Peter Walther stellt heute, 20 Uhr, die DVD „Deutschland in frühen Farbfotografien“ in der Villa Quandt, Große Weinmeisterstraße 46/47, vor.

Dirk Becker

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