Kultur: Fern aller Nettigkeit und Idylle
Der Auftakt zu den diesjährigen Musikfestspielen war von intimer Art. Traditionell in der Friedenskirche Sanssouci stattfindend, zog man 2006 in den viel kleineren Palmensaal in der Orangerie im Neuen Garten.
Stand:
Der Auftakt zu den diesjährigen Musikfestspielen war von intimer Art. Traditionell in der Friedenskirche Sanssouci stattfindend, zog man 2006 in den viel kleineren Palmensaal in der Orangerie im Neuen Garten. Der Raum gehört zu den Originalschauplätzen, an denen die Hohenzollernkönige ihren musikalischen Leidenschaften frönten, ob als Zuhörer oder Musiker. Im Palmensaal war es König Friedrich Wilhelm II., der im Kreise von hervorragenden Instrumentalisten selbst das Violoncello strich. Und so hatte der Mittelraum der Orangerie die Funktion eines Konzertsaals, der auch für die Potsdamer geöffnet wurde. Oberbürgermeister Jann Jakobs
begrüßte bei dem Eröffnun
gsabend neben Potsdamer und Berliner Gästen auch Bundespräsident Horst Köhler und seine Gattin Eva Köhler sowie Ministerpräsident Matthias Platzeck.
Für das Festivalthema „Wege zu Mozart“ ist der Palmensaal einer der wichtigsten Konzertorte der Festspiele, wurde doch zur Entstehungszeit in ihm die Vorklassik sowie das Neue in der Musik interpretiert, die Klassik mit Haydn und Mozart, dessen 250. Geburtstag 2006 gedacht wird. Werke von Mozart und Haydn sowie von einem ihrer „Wegbereiter“, Luigi Boccherini, erklangen im Eröffnungskonzert. Die Musik wurde vom belgischen Ensemble Explorations zum Besten gegeben, fünf Musiker, die weltweit zu den renommiertesten Spezialisten der Alte-Musik-Szene gehören. Angeführt von der überragenden Violinistin Christine Busch boten sie ein farbig-interessantes Programm, dessen qualitätsvolle Realisierung in puncto Intonation noch unter der extremen Kühle, die in dieser Jahreszeit sonst kaum üblich ist, litt. Erst nach der Pause haben sich die Instrumente – zwei Violinen, eine Viola, zwei Celli und das Cembalo – klimatisiert. Und dann gestaltete sich das Konzert zu einer runden Sache. Mit erlesenem Klangsinn, intim, technisch makellos wurde die Anmut der Kompositionen deutlich. In Mozarts Duo in G-Dur KV 423 oder Haydns Duo in D-Dur, das für Violine und Viola bzw. Violine und Violoncello geschrieben wurde, kam aber auch manche Expressivität auf, eben fern aller Nettigkeit und Idylle. Dass Mozart sich an Bach und auch an dessen Sohn Friedemann orientierte, hörte man in den Adaptionen zu Präludien und Fugen für Streichtrio sehr eindrucksvoll.
Der Cellist Luigi Boccherini, der von Friedrich Wilhelm II. stark Geförderte, schrieb Streichquintette, in denen das Violoncello eine starke Ausprägung erhielt. Der König liebte die Musik Boccherinis, da er selbst als ausgezeichneter Cellist galt. Das Ensemble Exploration spielte besonders das eher lyrisch-verinnerlichte Quintett in g-Moll, in dem aber hin und wieder heftige Akzente durchaus vernehmbar sind, mit feiner Gespanntheit, jedoch nicht verspannt. Nichts ging verloren, wurde verschenkt oder vergeudet. Großer Beifall für das Ensemble.
Als Zugabe gab es jenes Menuett aus dem Streichquintett 1 0p. 13/5, das Boccherini so berühmt gemacht hat und in den Klassik-Hitparaden immer wieder vorkommt. Die Gäste verlassen ganz und gar entspannt das Eröffnungskonzert.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: