Kultur: Ferne nahe Wunderwelt
Heute gelangt „Leyla“ am Hans Otto Theater zur Uraufführung / Caroline Lux in der Titelrolle
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Leyla wuchs im fernen Anatolien auf, vor mehr als 50 Jahren. Sie kannte die Armut ebenso wie den Reichtum der Geschichten. Und vor allem die strengen Traditionen. „Dennoch gibt es Berührungspunkte mit meinem Leben“, sagt die Schauspielerin Caroline Lux, die ab heute als Leyla auf der Bühne des Hans Otto Theaters steht. „Ich kenne diese Traumwelt Leylas, in der man gern für sich allein ist. Vielleicht im Herbst im Laub spazieren geht, Gerüche wahrnimmt, mit den Blättern spielt.“ Und natürlich auch das erste Verliebtsein. Aber Leyla durfte es nicht zeigen, hatte sogar Angst, es in der Familie preiszugeben. „Das ist mir natürlich fremd und noch viel mehr die Brutalität des Vaters, den Leyla immer nur als Mann ihrer Mutter bezeichnete.“
Es ist ein dicht gewebtes, poesievolles Buch, das nunmehr zum Bühnenleben erweckt wird. Fast 600 Seiten einer berührenden Familiengeschichte, die dem Aufbruch einer Frau über Istanbul bis ins moderne Deutschland nachspürt, gilt es an einem Abend zusammen zu führen. „Ich musste mich erst einmal ein bisschen lösen von der Wunderwelt, die ich mir beim Lesen des Buchs von Feridun Zaimoglus für die Leyla erdachte.“ Während der Roman aus der Perspektive Leylas erzählt und tief in ihre Gedankenwelt eindringt, wird nun aus verschiedenen Sichten berichtet. „Ich bin sehr gespannt, wie wir es bei der Premiere zu einem Gesamtbild bringen.“
Während der Proben habe der Regisseur Yüksel Yolcu natürlich oft über seine eigene türkische Herkunft erzählt, „und vieles ähnelt dem in der Familie von Leyla. Daher kam vielleicht auch der Plagiatsvorwurf gegenüber dem Roman. Liebeskummer ähnelt sich ja auch überall auf der Welt.“
Es ist die erste Rolle von Caroline Lux im Potsdamer Schauspielensemble. Zuvor konnte man sie aber schon im Kinder- und Jugendtheater als „Zwerg Nase“ oder als Kim in „About a Band“ überzeugend erleben. „Natürlich freue sie sich riesig, gleich mit einer so großen Rolle ins „große“ Haus einsteigen zu dürfen. Yüksel Yolcu kannte sie bereits aus der Arbeit an „Danny, König aus dem Keller“.
Die Proben seien mitunter sehr hart gewesen: Vor allem wenn sie Michael Scherff in der Rolle des jähzornigen Vaters gegenüberstand. „Auf diesen scharfen Ton reagiert man automatisch mit dem Körper. Wenn man die ganze Zeit unterdrückt wird und Aggressionen aushalten muss, nimmt das mit. Auch auf der Bühne.“ Ausgleich finde sie nach den Proben in der Familie, zu der seit vier Monaten auch der kleine Sohn gehört. Da ihr Mann den Betreuungsurlaub übernommen hat, konnte sie schnell ans Theater zurückkehren. Und somit „Leyla“ für sich gewinnen.
Bevor Caroline Lux ins Schauspielerleben eintauchte, ließ sie eine kurze Karriere als Tänzerin hinter sich. Ab ihrem zehnten Lebensjahr stand sie in der Staatlichen Ballettschule Berlin an der Stange, wurde Tänzerin - wie ihre Eltern. Doch nach einem zweijährigen Engagement am Aalto Theater Essen spürte sie, dass es ihr nicht mehr genügte, sich allein mit dem Körper auszudrücken. Und so ging die Berlinerin mit 20 Jahren an die Hochschule für Film und Fernsehen nach Babelsberg und machte sich fit für die Sprache der Leyla ebenso wie für die des „Prinzen von Homburg“, in dem sie als nächstes die Prinzessin von Oranien spielt.
Der Blick zurück ist trotz der Verschleißerscheinungen ungetrübt. Und sie freut sich, jetzt in Leyla auch tanzen zu können. „Als ich mich auf das Ballett einließ, wusste ich ja, was für ein harter Beruf auf mich zukommt, mit all den Schmerzen an Füßen und Rücken.“ Sie akzeptierte diese Härte, die Disziplin. Auch als sie klein war. „Man weiß doch auch als Kind, ob man etwas möchte.“
So wie Leyla. „Sie wusste, dass sie raus will aus dem Leben ihrer Kindheit, weg von dem brutalen Vater.“ Und sie hat es geschafft.
Premiere heute um 19.30 Uhr im Hans Otto Theater
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