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Chorleiter und Organist. Der Kirchenmusiker Christlieb Albrecht.

© privat

Kultur: Feste Größe

Dem ehemaligen Kantor der Friedrichskirche Christlieb Albrecht zum 100. Geburtstag

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Wenn Christlieb Albrecht auf der Orgel musizierte, hörte man die Freude, mit der er vor allem die Werke der barocken Komponisten spielte. Dabei war auch die stilistische Sicherheit zu spüren, mit der der Organist sich auf die musikalische Reise begab. Ein Leben lang war Albrecht in der Babelsberger Friedrichskirche auf dem Weberplatz kirchenmusikalisch zu Hause. Hier im ehemaligen Nowawes wurde er gestern vor 100 Jahren geboren, ging er zur Schule, richtete sich mit seiner Frau im Elternhaus in der heutigen Karl-Liebknecht-Straße seine Kantorenwohnung ein, denn 1946 wurde er nach Kirchenmusikstudium, Wehrdienst und Kriegsgefangenschaft Organist und Chorleiter an der Friedrichskirche. 1960 bekam er den Kantoren-Titel verliehen.

Die populären Oratorien waren in dieser Kirche nicht zu hören, dafür fehlten dem Kantor die personellen und finanziellen Möglichkeiten. Doch die nicht minder große Ausdrucksvielfalt der „kleinen Meister“ war bei ihm und seinem Kirchenchor stets in besten Händen. Von der Renaissance bis zur Gegenwart reichte das Repertoire der Sängerinnen und Sänger, die sie in Gottesdiensten oder Musikalischen Vespern darboten. Natürlich standen auch die großen kirchlichen Feste im Mittelpunkt der musikalischen Arbeit, doch mit liebevoller Kontinuität widmete er sich dem Epiphaniasfest, der Zeit nach Weihnachten, die von vielen Kantoren stiefmütterlich behandelt wird. Christlieb Albrecht hat sie reichlich bedacht, indem er kirchenmusikalische Schätze aus der Versenkung hob.

Gern machte er sich auch auf den Weg, um in anderen Kirchen zu musizieren, so in die Ausflüglerkirche St. Peter und Paul in Nikolskoe. Bis zum Mauerbau 1961 spielte er dort die Orgel in Gottesdiensten und Musikalischen Andachten, wobei ihn nicht nur sein Babelsberger Chor, sondern auch die Altistin Hertha Thomas, die Sopranistin Adele Stolte oder der Tenor Herbert Reinhold begleiteten.

Christlieb Albrechts Wissen über Orgeln, nicht nur die der Potsdamer, war legendär. Von all seinen Reisen brachte er detaillierte Informationen über die „Königinnen der Instrumente“ mit. Die Orgelbaufirma Schuke hat sich von ihm, der das Amt des Kreiskirchenmusikwarts bekleidete, immer wieder gern beraten lassen.

Ein besonderer Coup gelang ihm, als er gemeinsam mit Andreas Kitschke die nicht mehr genutzte historische Grüneberg-Orgel in einem Dorf bei Oranienburg entdeckte. In der Französischen Kirche auf dem Bassinplatz erklingt sie seit dem Jahr 2000 wieder in hell jubilierenden Tönen. Christlieb Albrecht war es leider nicht mehr vergönnt, sie auf ihrem neuen Thron zu erleben. Er starb 85-jährig am 26. August 1997 in einem Potsdamer Seniorenheim. Klaus Büstrin

Erinnerungsandacht an Christlieb Albrecht am heutigen Samstag, dem 27. Oktober, um 11 Uhr in der Friedrichskirche auf dem Weberplatz

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