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Von Gerold Paul: Feuer und Asche

Auftakt der Ausstellungsreihe „Die vier Elemente“ im Pomonatempel auf dem Pfingstberg

Stand:

Eine Ausstellungsreihe, welche „Die vier Elemente“ vorstellen will, hätte ungefähr Folgendes zu zeigen: Wie die Alten das sahen, den heutigen Stand solcher Dinge, vor allem aber, wie die Kunst sich einem so lebendigen Thema nähert. Am Samstag wurde nun die erste Abteilung besagter Ausstellungsreihe der vier Elemente im Pomonatempelchen auf dem Pfingstberg eröffnet. Sie ist dem Element „Feuer“ gewidmet. In seiner Laudatio ließ Andreas Hüneke vom Potsdamer Kunstverein gleich anfangs wissen, dass die Heutigen, also er, über das Wissen der Alten erhaben seien. Doch ach, wer heute „Elemente“ sagt, denkt schulbrav an Mendelejew und seine tabellarische Anordnung der chemischen Elemente, das aus Schulzeiten so bekannte Periodensystem. Bei den Alten bis Goethe gab es nur die Vier. Feuer, Wasser, Luft und Erde; und sie alle wurden nicht etwa körperlich aufgefasst, sondern als Geister.

Die Konzeption von „Die vier Elemente“ fokussiert das Bildwerk von Bernd Krenkel, Susanne Tischewski, Lutz Friedel und Harald Metzkes nun absichtsvoll um die Fotografie einer Skulptur, welche Venus bei der Betrachtung eines von ihrem Gatten Vulcanus geschmiedeten Schildes zeigt. Eine von den allegorischen Marmorskulpturen der vier Elemente an der großen Fontäne im Park Sanssouci, die in diesem Jahr durch die Aufstellung von zwei Kopien wieder komplettiert werden. Denn die Originale mussten zu ihrem Schutz deponiert werden. Aus Anlass der geplanten Komplettierung zeigen die vier Künstler in vier Ausstellungen nun ihre Arbeiten zu jeweils einem der Elemente.

Wer von den Ausstellungsbesuchern aber hätte noch das Wissen, dass der Schild für Aenaeas geschmiedet worden war, dem Sohn der Venus, wohl bekanntesten Flüchtling aus dem brennenden Troja und mythischer Begründer Roms? Wer kennt heute noch den Bildhauer Francois Gaspard oder den olympisch verordneten Ehe-Proporz zwischen Venus und dem obersten Kunstschmied, bei den Griechen Hephaistos genannt? Ohne eine derartige Rahmung aber sind weder der geistige Ansatz dieser Mini-Schau noch auch nur ein Funken vom elementaren Wissen zu verstehen. Halfen den Griechen die Musen, so legen die Heutigen ihr eigenes Wissen auf die Bilder von gestern. So wird im Pomonatempel nun versucht, das flüchtigste aller Elemente zu fassen, das alles nährende, alles erhaltende und verzehrende Feuer.

Harald Metzkes stellt auf seinem Bild eine Gruppe Fackelträger sowie junge Leute vor, die ihre Kleider ins Feuer werfen. Das wurde in der Begrüßungsrede durch Andreas Hüneke sofort mit der Bücherverbrennung unter Hitler assoziiert. Und der Kunstverein glaubte gar dem heißen Kern seines Themas ausweichen zu müssen: Damit nicht zuviel Rot und Gelb an den feuchtfahlen Wänden dominiere, habe man sich entschieden, mehr die Folgen des Elements zu zeigen, wie es Lutz Friedel in seinen nicht gerade zündenden Bildern feuerspuckender Berge anbietet.

Ohne helfenden Wortkommentar aber läuft das alles völlig ins Leere. Wie wollte man denn ein Verhältnis zu den faszinierend lebendigen Fotos von Bernd Krenkel finden, die noch die filigransten Regungen einer Flamme zeigen, wenn man nicht Prometheus im Kopf oder wenigstens vor Augen hat. Selbst in Mozarts „Türkischem Marsch“, neben anderem von Marita Grunwald auf der Violine und Maren Thaeder auf der Flöte zur Begrüßung gespielt, war doch Feuer zu spüren.

Linkerhand, hinter der Tür im Tempelchen, hängen zwei Arbeiten der Künstlerin Susanne Tischewski. Auf dem Marktplatz von Zeitz, direkt vor ihrem Wohnhaus, hatte sich 1976 der evangelische Pfarrer Oskar Brüsewitz öffentlich verbrannt. In einem selbst verfassten Textfragment setzt sie sich damit auseinander. Graphisch aufbereitet, erscheint es dann als leicht verwaschene Schrift an der Wand. Daneben dasselbe, nur diesmal versengt und gebrannt, als sei es durchs Feuer gegangen. Der kurze Text endet mit „und pilgern zum Rußfleck auf dem Asphalt“. Auch in Hiroshima sieht man noch heute die Schatten der Toten in solcher Gestalt.

So klein diese Ausstellung ist, so viel Exemplarisches fehlt: Text- und Kunstdokumente, das Feuer der Liebe, seine reinigende und erhaltende Kraft – also genau jene Momente, welche die Klugheit der Alten von der Erhabenheit der Jetzigen trennt.

Die Ausstellung kann noch bis zum 24. Mai, samstags, sonntags und an Feiertagen von 15 bis 18 Uhr besichtigt werden. Der Eintritt ist frei

Gerold Paul

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