Kultur: Figuren des Klangs
Das Jugendsinfonieorchester der Städtischen Musikschule zu Gast bei den Berliner Philharmonikern
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„Ein wenig philharmonisches Flair in unseren Tschaikowsky hineinzutragen, könnte sicher nicht schaden“, dachte wohl Orchesterleiter Jürgen Runge. Nicht nur das Jugendsinfonieorchester der Städtischen Musikschule Potsdam spielt derzeit die Sinfonie Nr. 5 von Peter Tschaikowsky. Auf Runges Initiative durften die Potsdamer Jungmusiker an einer Generalprobe die Berliner Philharmoniker teilnehmen. Rund vierzig Potsdamer Jungmusiker konnten so am grauen Donnerstagmorgen in der Berliner Philharmonie dabei sein, als Dirigent Daniel Barenboim die letzten Finessen zur so genannten Schicksalssinfonie vor der abendlichen Aufführung einstudierte. Allein einen Ausnahmemusiker wie Daniel Barenboim zu erleben, der nicht nur als Musiker, sondern auch für sein politisches Engagement vielfach ausgezeichnet wurde, war für die jungen Potsdamer Musiker ein außergewöhnliches Erlebnis. Wenn dazu noch der hochkarätige Klangkörper der Berliner Philharmoniker kommt, ist die Aufmerksamkeit hoch gespannt.
Anschließend wird das Gehörte kritisch bewertet, natürlich eingedenk der riesigen Unterschiede. Sophie, die Konzertmeisterin, ist froh, dass „wir uns etwas von den Strichen bei den Geigern abgucken durften, auch wenn wir im Ergebnis sicher nicht halb so weit kommen werden.“ Alle sind begeistert von dem überwältigend homogenen Klang der philharmonischen Streicher. Auch die perfekten Übergänge rufen Bewunderung hervor. Die stark zurückgenommenen Holzbläser dagegen verwundern die jungen Potsdamer, die eher bläserlastig spielen. „Doch auch bei uns könnten noch zehn Kontrabässe rein“, wird bedauernd festgestellt. Das wird aber schwer machbar sein für ein Jugendorchester wie dieses, schließlich muss man für einen Kontrabass schon eine gewisse Größe erreicht haben. Fragwürdig findet Patrick Braun die gewählten Tempi. Der junge Trompeter und Pianist, der seit einem Jahr an der UdK Berlin Dirigieren studiert, kritisiert das ausgesprochen langsame Tempo zu Beginn und anderes, das er als regelrecht „kitschig“ empfunden hat. Deutlich wird bei diesem Hörerlebnis vor allem eines: Wie die Musik durch die Menschen, die sie gestalten, immer wieder neue Klangfiguren und Formen hervorbringt – ganz wie das Leben selbst.
Babette Kaiserkern
Babette Kaiserkern
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