Kultur: Figuren im Farbenfeuer
Ulla Walter in der Galerie Ruhnke
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Ulla Walter in der Galerie Ruhnke Da ist sie wieder: Eva mit Schlange. Das uralte Symbol unwiderstehlicher Lockung tritt dem Betrachter auf einem Bild von Ulla Walter entgegen. Doch seltsam, nicht die Schlange benutzt die menschliche Urmutter, sondern diese lässt das Reptil von ihrer Hand aus dem Bild heraus ringeln. Spricht etwas dagegen dieses farbgewaltige Ölbild der im thüringischen Meiningen geborenen Malerin als Selbstporträt aufzufassen? Gerade dreißigjährig schuf sie es 1986 – vielleicht als ihre künstlerische Selbstversicherung, vielleicht auch als Zeugnis ihrer malerischen Emanzipation vom Malerfürsten Bernhard Heisig, bei dem sie je drei Jahre studierte und Meisterschülerin war? Aus den letzten 20 Jahren sind Werke von ihr derzeit in der Galerie Ruhnke zu sehen. Bedauerlicherweise hat man diesmal das kluge, museal anmutende Galeriekonzept, nicht nur aktuellste Arbeiten auszustellen, sondern auch erheblich ältere Werke zuzulassen, zu weit verlassen. Klaffen zwischen Walters wenigen frühen Arbeiten vom Ende der 80er Jahre, den kaum stärker vertretenen aus der zweiten Hälfte der 90er und den zahlreichen jüngst entstandenen der letzten Jahre doch Lücken. Freimütig bekennt der Galerist, eben jene Werke ausgelassen zu haben, in denen die Malerin ihrem viel befeierten Lehrer nahe steht. Dass sie bei ihm an der Leipziger Malerschmiede studierte, wird aber ausdrücklich nicht verschwiegen. Also hängen neben figürlichen Anfängen in Öl meist abstrakte Arbeiten in Öl, Kreide und Kohle oder Mischtechnik aus den 90ern. Damals gründete und leitete die Malerin die Kunstschule Z 1 nahe Berlin und beschäftigte sich in der Serie „Bauteile-Erden“ mit der Beziehung der Industriekultur zu archaischen Gesteinsstrukturen. In der Ausstellung ist das „Internetz“, ein Wandrelief aus gefärbten Erden, einem Elektro-Element und teils darüber gelegtem Stoff, ein etwas müdes Beispiel. Warum wohl nicht mehr davon zu sehen sind? Heil froh kann der Betrachter sein, dass sich Walter seit Beginn des Jahrtausends wieder ihrer unzweifelhaften Stärke, der Malerei, hingab. Man muss nicht wissen, dass sie mit „Frau im Feuer“ das Erlebnis eines eigenen Herzleidens thematisierte. Und es bedürfte auch nicht der Schrift „Frau im Feuer – brennt“ im Bild. Dem Auge gut lesbar ist die immer gleiche weibliche Person, die mal todesschwarz durch ein ockergelbes Farbmeer treibt, mal als Torso mit glühendem Herzen in der Tiefe des blauen Körpers gemalt ist, mal fragend über die Schulter auf den Betrachter blickt. Etwas weiter kann das Auge in den Blumen des kräftig roten „Mohn“ schwelgen oder in die Pinselarbeit reiner Malerei abirren. Es können nicht nur die Nachtwachen im Dresdner Zwinger gewesen sein, mit denen die Malerin ihre Zeit bis zum Studium verbrachte, eher schon die dabei vielleicht gefühlte Nähe zu den Rembrandt-Gemälden im Semper“schen Galeriegebäude. Man möchte nicht nur wegen ihres häufig pastosen Farbauftrags gerne glauben, dass sie sich dem barocken Genie verpflichtet fühlt. Darf man sie als „Rembrandt“s Erbe“ auf dem gleichnamigen Bild in der Figur erkennen, die im Demutsgestus der vor der Brust verschränkten Arme den Altmeister verehrt? Der schwebt über ihr, in einer anderen Sphäre. Angesichts dieser und anderer in letzter Zeit entstandener figürlicher Bilder, deren jedes die Beherrschung von Raum, Figur und Maltechnik verkündet, wirken wie schon die älteren Reliefs mit Elektro-Bauteilen so auch Walters jüngere Licht-Objekte als befremdliche Versuche einer gewollten Modernisierung im Schaffen. Zugegeben, dass die drei Röhren „Stefan Zweig“, „Äste“ und „Stadt“ als Teile eines größere Projektes, mit dem Walter 2004 den Ostbrandenburgischen Kunstpreis der Märkischen Oderzeitung gewann, nicht so wirken können wie das Ganze. Aber will das Auge nach gelungener Malerei in dieser Weise in die Röhre gucken? Götz J. Pfeiffer Bis 22. Mai, Do-So 14-19 Uhr.
Götz J. Pfeiffer
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