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Kultur: Filmpause wegen „Figaro“ Dresen inszeniert die Potsdamer Winteroper

Die Kammerakademie Potsdam und das Hans Otto Theater haben vor sieben Jahren die Potsdamer Winteroper aus der Taufe gehoben. Ein immer wieder heikles Unterfangen, weil das Ganze auch von manchen finanziellen Sorgen begleitet wurde.

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Die Kammerakademie Potsdam und das Hans Otto Theater haben vor sieben Jahren die Potsdamer Winteroper aus der Taufe gehoben. Ein immer wieder heikles Unterfangen, weil das Ganze auch von manchen finanziellen Sorgen begleitet wurde. Aber die Initiatoren gaben nie auf, weil der künstlerische Erfolg, das stetige Besucherinteresse sie durch alle Schwierigkeiten trug und sie wussten, dass sie unter anderen in der brandenburgischen Tourismus-Wirtschaft, der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und der Mittelbrandenburgischen Sparkasse tatkräftige Förderer und Sponsoren haben.

Acht Opern konnte man bisher seit 2005 erleben. Dabei standen Mozart-Werke stets im Mittelpunkt des Geschehens auf der Bühne des Schlosstheaters im Neuen Palais: „Titus“, „Cosi fan tutte“ und „Die Entführung aus dem Serail“. Opern von Mozart haben hier eine lange und gute Tradition, vor allem durch die Inszenierungen des Hans Otto Theaters vor dem Mauerfall. Darunter war natürlich auch „Die Hochzeit des Figaro“. Morgen wird die Oper im Rahmen der Potsdamer Winteroper die Premiere einer Neuinszenierung feiern.

Obwohl das „Winteropern“-Angebot in jedem Jahr viele Gäste aus nah und fern nach Potsdam lockt, sorgt wohl diesmal der Name des Filmregisseurs Andreas Dresen für besondere Aufmerksamkeit. Er hat nun zugunsten des „Figaro“ eine „Filmpause“ eingelegt. Es ist seine zweite Opernarbeit. „Vor gut sechs Jahren hat mich der damalige Intendant des Theaters Basel, Michael Schindhelm, überredet, Mozarts ,Don Giovanni‘ zu inszenieren. Obwohl ich des Noten-Lesens nicht mächtig bin, habe ich mich dennoch 2006 auf diese Expedition begeben“, sagt der Filmregisseur in einem Pressegespräch. Die Kritiken nach der Premiere waren sehr unterschiedlich. Da konnte man vom gescheiterten Wagnis lesen oder von einem gelungenen Debüt, von unmusikalischer Inszenierung und von einer Aufführung, die den Nerv des Publikums erreicht.

Nun darf man gespannt sein, wie Andreas Dresen sich der „Hochzeit des Figaro“ nähert. Auf alle Fälle sieht er die Oper nicht so sozialaufklärerisch wie andere Regisseure. Zwar war zur Zeit des Komponisten die Vorlage, Beaumarchais‘ „Le mariage de Figaro“, ein viel diskutiertes Skandalstück. Es wurde mit zahlreichen Aufführungsverboten belegt. 1785 hat man es in Wien als Lesestück unter der Hand weitergegeben. Auch zu Mozart gelangte es. Nach mehr als „hundert bücheln“, die er nach der Arbeit an der „Entführung aus dem Serail“ 1782 durchgesehen hatte, genügte keines seinen Ansprüchen für eine neue Oper – bis er auf den Text von Beaumarchais stieß, der ihn so inspirierte, dass er sich ohne konkreten Auftrag an die Arbeit machte. In Zeiten unsicherer Verhältnisse und gesellschaftlicher wie politischer Krisen fürchteten die europäischen Herrscher die Sprengkraft von Beaumarchais’ Komödie, die gespickt war mit aggressiver Gesellschaftskritik.

„Für mich ist die Geschichte, die in der Oper erzählt wird, eine sehr gegenwärtige“, sagt Andreas Dresen. „Die Personen der Handlung sind auf der ewigen Suche nach Bindungen. Sie möchten im Leben ankommen und sich geborgen fühlen. Die mannigfaltigen Verästelungen und Verwirrungen, in denen man sich in Sachen Liebe jedoch verheddert, findet niemand so toll. Jeder möchte irgendwie da raus kommen, sei es durch Intrige oder Machtbewusstsein. Lachen und Weinen liegen immer ganz eng neben einander.“ Eine tragi-komödiantische Vorlage, die Dresen im Film so liebt, auch in der Oper.

Folgendes geschieht: Auf dem Landschloss des Grafen Almaviva, eines berüchtigten Macho, und seiner Gattin, einer frustrierten Ehefrau, geht es um eine große Liebe, die zu sterben droht. Denn der Graf plant den Seitensprung mit der Zofe Susanna. Aber Eifersucht, Intrige und Rache der beiden Frauen bringen ihn um sein Vergnügen. Schließlich will Susanna den Kammerdiener Figaro heiraten. „Mozarts Musik ist vielschichtiger als Lorenzo da Pontes Libretto“, erzählt Andreas Dresen. „Sie gibt den Rhythmus und die Modulationen einer Inszenierung vor. Ich freue mich, dass der Fagottist Sergio Azzolini die Kammerakademie und das ausgezeichnete Solistenensemble ohne Taktstock, sondern von seinem Instrument aus das musikalische Geschehen führt. Wie er mit den Sängern und dem Orchester atmet, das hat bei mir manchen magischen Moment ausgelöst.“ Klaus Büstrin

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