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Kultur: „Fleisch ist mein Gemüse“

Comedian und Autor Heinz Strunk liest am Freitag im Waschhaus

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Die ganze Nacht Tanzmusik spielen, in den Pausen Bier trinken und Schnitzel verspeisen. Davon handelt das skurril-komische Romandebut von Heinz Strunk. Den Buchdeckel ziert ein Hirschgeweih. Ein Zitat, das auf die Landgaststätten verweist, in denen die Tanzband „Tiffanys“ zwölf Jahre lang für Stimmung sorgte. Heinz „Heinzer“ Strunk, ist dort Saxophonist mit „der goldenen Klarinette“. Strunks Beschreibung des Landlebens, der Bandrituale, der Stunden am Glücksspielautomaten gehört zu dem Komischsten, was in der letzten Zeit geschrieben wurde. Mehr noch: Strunk hält mit scharfem Blick die bleierne Zeit in den Achtzigern fest, in die auch der trauervolle Verlust seiner Mutter fällt, die unter Depressionen litt.

Heinz Strunk liest am Freitag, den 9. Januar im Waschhaus.

Dein Buch „Fleisch ist mein Gemüse“ ist ein Riesenerfolg, momentan liegt die 13. Auflage vor. Kommt dieser Erfolg für Dich überraschend?

Es war schon erfreulich, dass sich das so entwickelt hat. Ich war davon ausgegangen, dass das so floppt wie alles andere, was ich bisher gemacht habe auch. Im November letzten Jahres war ich dann bei Stefan Raab und TV-Total. Da ging es dann total ab. Aber wenn das Buch nicht auch einen Nerv getroffen hätte, wäre das so auch nicht passiert.

Wie ist es zu diesem Text gekommen. So was schreibt man ja nicht einfach runter?

Ich habe 2002 angefangen und dann zwei Jahre lang geschrieben. Der Grund ist ganz einfach der gewesen, dass ich original nichts zu tun hatte. So war das. Ich musste mich beschäftigen. Und dann hat meine damalige Freundin vorgeschlagen, ein Büchlein zu schreiben.

Du hast für „Fleischmann“ für VIVA und Dein Projekt „Studio Braun“, mit dem Du Telefonscherze betrieben hast, ja eher kürzere Texte geschrieben. War es da für Dich schwer, in Deinem Buch die „Dramaturgie des Romans“, die Langform, zu beachten?

Ich habe früher nie die Idee gehabt, mich am Schriftstellerischen versuchen zu wollen. Aber wenn, dann wollte ich immer gerne ein Buch schreiben, das nicht langweilig ist. Da kommt mir zugute, was ich vorher gemacht habe, Kurzhörspiele, kurze Texte, die ich dann auch noch komprimieren musste, so dass wirklich auch keine Luft mehr dazwischen ist. Da sollte sich der eine oder andere sich noch eine Scheibe abschneiden.

Ist das Deine eigene Erfahrung, mit einer Tanzkapelle über zwölf Jahre über die Dörfer zu tingel, das „Mucken“? Wie viel ist Fiktion, wie viel ist wahr?

Ich würde sagen 80 Prozent der Geschichte stimmen.

Einerseits schreibst Du ja ungemein witzig. Auf der anderen Seite erzählst Du aber auch sehr einfühlsam von der Krankheit der Mutter, die wegen ihrer Gebrechlichkeit „Vogelmutter“ genannt wird. Wie reagiert das Publikum bei Lesungen auf diese stillen Passagen?

Bei Lesungen mache ich das schon rein auf Entertainment. Also lasse ich die Passagen, die mir zu privat sind, wie die über meine Mutter, komplett weg. Und das politische Zeitgeschehen auch.

Was macht „Gurki“, der Bandleader eigentlich heute. Hast Du noch Kontakt?

Der hat tatsächlich eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass er dieselbe arme Wurst ist, als die ich ihn beschrieben habe. Er wollte sich wirklich auf den Zug draufsetzen. Wir haben das Stück ja als Inszenierung im Deutschen Schauspielhaus gemacht. Und da hat er sich mit dem Schauspielhaus in Verbindung gesetzt und wollte seinen 55. Geburtstag nebenan im Hotel feiern und alle sollten kommen. Da wollte er seinen Geburtstag als eine Art Promo nutzen. Sein Brandmark war „Gurki (das Original)“ – vollkommen schmerzfrei! Er ist immer noch offiziell Inhaber des Labels „Tiffanys“ – eine traurige Telefonband. Er hat sich in seinem Spatzenhirn wohl ausgemalt, dass er der Kultstar aus dem Buch ist.

Woran arbeitest Du zur Zeit. Die Zeit der Flops dürfte vorbei sein?

Ja, jetzt läuft ja alles. Ich schreibe ein neues Buch, eine unglaubliche Arbeit, so dass es erst 2007 heraus kommt. Nächstes Jahr werde ich zwei Filme machen und eine Hörspiel CD erscheint im Mai. Ich bin mit fünf Programmen unterwegs, in einem mit Charlotte Roche. Mein neuestes Programm ist Musik-lastig, es heißt „Trittschall im Kriechkeller“. Das ist sehr, sehr gut.

Ist Dein Pseudonym nun Jürgen Dose?

Ne, den gibt’s nicht mehr.

Jetzt bist Du Heinz Strunk?

Genau.

Und Studio Braun?

Das ruht.

Das Gespräch führte Matthias Hassenpflug.

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