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Kultur: Fliegende Häuser und ein geklautes Schwein

Surrealistische „Hundegräber im Park“: 50 Kinder und Jugendliche zeigten am Wochenende einfallsreich umgesetztes Bildertheater

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Surrealistische „Hundegräber im Park“: 50 Kinder und Jugendliche zeigten am Wochenende einfallsreich umgesetztes Bildertheater Eine zerfließende Uhr, ein Frauenskelett, im Hintergrund ein Kamel, so sehen die Bilder von Salvador Dali aus. Der surrealistische Maler brachte zusammen, was nicht zusammen gehörte, er bediente sich aus der Symbolekiste und zeichnete abstrakte Formen. Unter anderem nach seinem Vorbild machten sich die 50 Kinder und Jugendlichen des Offenen Kunstvereins ans Werk, um ein surreales Bildertheater zu schaffen – und zwar vor dem gleichen Hintergrund, der Dali und seine literarischen und künstlerischen Mitstreiter um 1920 zu diesem Kunststil bewegt hatte. Wirklichkeit ist nicht gleich Wirklichkeit, sagten die Surrealisten, die „wahre“ Wirklichkeit liegt nicht in der rationalen Welt, sondern im Unterbewussten und den Träumen des Menschen verborgen. Am Wochenende nun legte das ungewöhnlich große Ensemble in einer Sammlung von Kurzgeschichten das Ergebnis ihrer Reise ins Ich vor, in zwei Aufführungen offenbarten sie ihre Innenansichten unter dem Titel „Hundegräber im Park“ auf der Freundschaftsinsel. Und zeigten dabei humorvolles und ästhetisch gestaltetes Bildertheater. Mit unzähligen Quadratmetern von Pappe und Eimern von Farbe hatten die Akteure fantasievolle Figuren und Bühnenbilder, Menschen, Tiere, Musikinstrumente, Häuser und irreale Wesen, geschaffen, die witzig aussahen, in bunte Fantasiewelten entführten und dazu noch ein Schutzschild vor dem Publikum boten. Rund 120 Zuschauer saßen zur Premiere auf Stühlen und im Gras. Und trotzdem gerieten die Figurenbeweger nicht ins Stocken, vergaßen weder Texte, noch verhedderten sie sich in Handlungen. Die menschengroßen Pappfiguren, aus denen nur ihre Waden, Füße und Arme hervorlugten, gaben ihnen Selbstvertrauen. Keine reinen Fantasiewelten spiegelten sich in den dargestellten Stücken wider, vielmehr verband das Ensemble in den Geschichten – mehr oder weniger gekonnt – realistische mit innerlicher Wirklichkeit. Und schaffte damit eine kreative Spannung, die nicht selten überraschte. Besonders wirkungsvoll kam dabei die geschickte Kombination von Bühnengeschehen und Musik daher, mit Synthesizer, Blas- und Streichinstrumenten gaben Live-Musiker den Erzählrhythmus vor. Unbedingt erwähnenswert ist die Gangster-Story: Ein Dieb sorgt in einem Wohnhaus für Chaos, stiehlt ein Schwein, wird von der auf Schnecken herbeischleichenden Polizei verfolgt und schließlich in seinem Haus umzingelt. Das Martinshorn schrillt, die Staatshüter drohen – und das Gangsterhaus breitet Flügel aus und schwebt davon. Lustig kommt der Weltenwanderer daher, dem ein Herz ins Auge springt, als ihm die schöne Flamencotänzerin mit dem eleganten Hüftschwung über den Weg läuft. Bis ins Kleinste haben die Darsteller an den Stücken gefeilt und dabei Spaß machende Details konstruiert: Augen, die aus dem Gesicht treten, ein lachender Mund, der weiße Zähne entblößt oder die genialen Cancantänzerinnen, die im Sechserpack auf einem doppelbödigen Brett aufgemalt sind und auf Fadenzug ihre Beine in die Luft werfen. Wenn man bei einigen Stücken auch noch am Spannungsbogen und der Geschichte hätte arbeiten können – insgesamt war die Pappshow gute Unterhaltung mit kreativem Pfiff. Marion Hartig

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