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Kerstin Ahlrichs stellte „Taxi“ im Thalia vor: Frau mit harter Schale

Raue Frauenfiguren finden sich inzwischen ja öfter auf der Kinoleinwand. Nicht selten wird die harte Schale aber doch noch geknackt – meist von einem feinfühligen Mann, der den weiblichen Part vor emotionaler Selbstverkrüppelung retten muss.

Von Sarah Kugler

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Raue Frauenfiguren finden sich inzwischen ja öfter auf der Kinoleinwand. Nicht selten wird die harte Schale aber doch noch geknackt – meist von einem feinfühligen Mann, der den weiblichen Part vor emotionaler Selbstverkrüppelung retten muss. Nicht so bei Alex, der Hauptfigur in „Taxi“ nach dem gleichnamigen Roman von Karen Duve, den Regisseurin Kerstin Ahlrichs am Samstag im Babelsberger Thalia Kino vorstellte.

Die 25-jährige Protagonistin Alex (Rosalie Thomass) ist im Hamburg der 80er-Jahre zu Hause und weiß nach ihrer abgebrochenen Versicherungs-Ausbildung nicht recht, was sie mit ihrem Leben anfangen soll. Sie beschließt, sich vorerst als Taxifahrerin über Wasser zu halten – obwohl sie sich kaum Straßennamen merken kann. Trotzdem schlägt sie sich durch in einer rauen Stadt, in der sich alle mühen, besonders abgebrüht zu sein.

Den Diskursen ihrer Kollegen kann Alex wenig abgewinnen, sie sehnt sich nach Freiheit und finanzieller Unabhängigkeit. Trotzdem lässt sie sich auf eine Beziehung mit dem Kollegen und verkappten Künstler Dietrich (Stipe Erceg) ein – immerhin ist der Sex gut. Bei dem ungewöhnlichen Marc („Game of Throne“-Star Peter Dinklage) findet sie allerdings wenig später mehr als das – vielleicht sogar, ohne sich selbst aufgeben zu müssen.

Es ist freilich eine verkürzte Version des Romans, die Kathrin Ahlrichs hier inszeniert – mit dem Segen von Autorin Duve, die selbst 13 Jahre lang Taxi fuhr und das Drehbuch schrieb. „Wir mussten etwas raffen, da das Buch über mehrere Jahre spielt, episodenhaft geschrieben ist und viel mehr Nebencharaktere beinhaltet“, so Ahlrichs, die während des ganzen Entstehungsprozesses eng mit Duve zusammengearbeitet hat und auch ihren nächsten Roman verfilmen möchte. Was sie unbedingt erhalten wollte, war die Kulisse der 80er-Jahre, auch wenn das in der Produktion teuer gewesen sei.

„Die Geschichte würde so in der Gegenwart gar nicht mehr funktionieren“, sagt sie. Heute führen nur noch Rentner und Ausländer Taxi und der Lohn sei viel niedriger. „In den 80ern waren das eher Philosophiestudenten im 16. Semester. Solche Leute findet man heute kaum noch, weil die Lebensläufe einfach glatter werden.“ Vor allem habe sie die schroffe Figur der Alex gereizt, eine ungewöhnliche Frauenfigur. Darstellerin Thomass habe sie wie alle Darsteller ohne Caster im Gespräch kennengelernt.

So auch Peter Dinklage, den das Publikum vor allem durch seine brillante Darstellung des kleinwüchsigen Tyrion Lannister in der HBO-Serie „Game of Thrones“ kennt. Ahlrichs traf ihn mit Thomass in New York, musste drei Jahre verhandeln, bevor er seine Zusage gab. Nur 28 Tage dauerte der Dreh, dessen Taxiszenen fast ausschließlich im Studio gedreht wurden, weil Hamburg nichts mehr mit dem der 80er-Jahre gemein hat, wie Ahlrichs erklärte.

Im Film funktioniert der etwas modernisierte 80er-Jahre-Look mit knalligen Outfits und Kassettenbändern. Den wahren Charme verdankt „Taxi“ aber der Chemie der Darsteller und der Tatsache, dass Protagonistin Alex ihre harte Schale behalten darf. Die weicht nämlich auch mit dem Liebes-Happy-End nur ein ganz klein wenig auf, was vielleicht nicht durchweg sympathisch, dafür aber erfrischend ist. Sarah Kugler

„Taxi“ im Thalia, Rudolf-Breitscheid-Straße 50, bis Mittwoch 16.30 und 18.45 Uhr

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