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Kultur: Fremde Träume helfen nicht

Dominik und Benjamin Reding haben ihren neuen Film „Für den unbekannten Hund“ im Thalia Kino vorgestellt

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Auch Schmieges Traum hilft ihm nicht weiter. Dieser Traum von einem Denkmal für den unbekannten Hund. Alles Spinnerei, wie Bastian erfahren muss. Er wird sich nicht an diesem fremden Traum abarbeiten können, um die eigene Schuld abzutragen. Bastian muss seinen eigenen Weg finden. Und so sehen wir ihn am Ende die Straße verlassen und querfeldein in der Landschaft verschwinden. Diesen Weg wird er allein gehen.

Fragen statt Antworten, so erklärte Dominik Reding am Freitag im Thalia Kino sein Verständnis von Filmen. Wer den Kinosaal verlässt, soll die im Film aufgeworfenen Fragen mit sich tragen, sich an ihnen abarbeiten auf der Suche nach eigenen Antworten. Der zuvor gezeigte Film „Für den unbekannten Hund“, den Dominik Reding zusammen mit seinem Bruder Benjamin gedreht hat, erfüllt diese Maßgabe mit Auszeichnung. Noch Tage später krallt er sich hartnäckig im Gedächtnis fest und lässt einen grübeln.

„Für den unbekannten Hund“ ist die zweite Regiearbeit der Reding-Brüder nach ihrem erfolgreichen Erstling „Oi!Warning“. Sie erzählen von dem 20-jährigen Bastian, der an einer Dorftankstelle in der Nähe von Wismar einen Landstreicher mit einem Schnitt durch die Kehle tötet, um seinem Kumpel zu helfen. Der Mord wird nicht entdeckt, Bastian aber von nun an von seinem Kumpel erpresst. Er schließt sich einer Gruppe von wandernden Handwerksgesellen an und geht auf die Walz. Sein Versuch, dem Teufelskreis von Erinnerung an die Tat und der Erpressung durch seinen Kumpel zu entfliehen, führt ihn jedoch unerwartet zu einer heftigen Auseinandersetzung mit seinem Verbrechen.

Der grausame Mord an Marinus Schöberl im Sommer 2002 im uckermärkischen Potzlow hat die Reding-Brüder dazu angeregt, den Film „Für den unbekannten Hund“ zu drehen. „Uns hat die Frage beschäftigt, wie ein Täter mit seiner Tat umgeht, die strafrechtlich nicht verfolgt wird“, sagte Dominik Reding im Filmgespräch. Das Verbrechen von Potzlow wurde erst aufgeklärt, als einer der drei Täter sich nach einem halben Jahr gegenüber Freunden öffnete.

In die fremd wirkende Welt wandernder Handwerksgesellen haben die Reding-Brüder den Mörder Bastian gestellt, weil die Wanderschaft und die harten Regeln in dieser Gemeinschaft einfach zwingend dazu führen, dass man sich öffnen muss, sagte Dominik Reding. Von einer tagtäglich gelebten Moral und Ethik auf der Walz sprach Dominik Reding. Von Dingen, die man nur dort erleben könne. „Die wandern von Stadt zu Stadt und müssen sich, um Arbeit zu finden, dort den Gegebenheiten öffnen. Da ist kein Platz für Betonköpfe.“ Diese Erfahrungen, die Freundschaft mit dem Steinmetzgesellen Festus und die Erkenntnis, dass der ermordete Landstreicher plötzlich ein Gesicht bekommt, führen bei Bastian zu einer Auseinandersetzung mit seiner Tat und damit verbunden zu Reue. „Für den unbekannten Hund“ lebt vor allem von solchen emotionalen Kämpfen seiner Figuren. Umso erstaunlicher war es, als Benjamin Reding im Filmgespräch erklärte, dass die Schauspieler alle zum ersten Mal vor der Kamera gestanden haben.

„Wir mussten lange suchen und haben nicht bewusst auf Profis verzichtet“, so Benjamin Reding. Zarah Löwenthal als Leila kennen die Reding-Brüder aus der Disko. Lukas Steltner in der Rolle von Bastian haben sie im Internet auf der Homepage einer HipHop-Gruppe aus Mecklenburg entdeckt. Die Brüder haben ihn zu einem Casting eingeladen und schnell gemerkt, dass sie hier den Richtigen gefunden hatten. „Das erkennt man bei einem Casting schon nach wenigen Minuten“, sagte Benjamin Reding erstaunlich offen. Meist dauert so ein Vorsprechen 30 Minuten und nur aus Fairness brechen die Brüder das nicht vorzeitig ab. Dass sie sich für „Neulinge“ als Schauspieler entschieden haben, sei die richtige Wahl gewesen. „Die haben immer 100 Prozent gegeben und manche Widrigkeiten auf sich genommen“, so Dominik Reding. Eine Intensität, die in diesem Film in fast jeder Szene körperlich spürbar wird.

Dirk Becker

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