Kultur: Freundschaft hilft
Ein Filmgespräch über „Ummah – Unter Freunden“
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Jeder Mensch hat Vorurteile und jeder Mensch hat eine Vergangenheit. Die Frage ist nur, wie der Einzelne damit umgeht. Cüneyt Kayas Spielfilmdebüt „Ummah – Unter Freunden“, das der Regisseur am Montagabend im Thalia zusammen mit den Hauptdarstellern Frederick Lau und Kida Khodr Ramadan vorstellte, zeigt echte Freundschaft als einen Lösungsansatz.
Daniel (Frederick Lau) arbeitet als verdeckter Ermittler beim Verfassungsschutz. Nach einem Einsatz in der rechten Szene, bei dem er zwei Neonazis getötet hat, möchte er aussteigen. Ihm wird eine heruntergekommene Wohnung in Berlin-Neukölln zur Verfügung gestellt, damit er für einige Zeit untertauchen kann. Dort freundet er sich mit dem arabischen Händler Abbas (Kida Khodr Ramadan) an und kehrt langsam in ein normales Leben zurück. Doch gerade als er beginnt, sein Vertrauen in die Menschheit zurückzugewinnen, taucht sein Chef (Robert Schupp) vom Verfassungsschutz auf und stellt Daniels Menschenbild erneut infrage. Der Film scheut sich nicht, das Milieu der arabisch-türkischen Community – auch im Konflikt mit den Berliner Behörden – in all seinen Facetten zu beleuchten. Dabei gelingt es ihm, Vorurteile auf beiden Seiten zu widerlegen und gleichzeitig den Kampf eines Einzelnen mit seinen inneren Dämonen glaubhaft darzustellen. Das Publikum zeigte sich von dieser Mischung, die sowohl ernste als auch heitere Töne anschlägt, ohne dabei jemals ins Lächerliche abzurutschen, sichtlich begeistert. Nicht nur nach dem Film, sondern auch während des anschließenden Filmgesprächs gab es immer wieder kräftigen Applaus.
Mehrmals wurde das intensive Spiel von Frederick Lau gelobt, der nach den Aussagen Cüneyt Kayas gerade in Verknüpfung mit Kida Khodr Ramadan glänzte. „Das war wie ein geniales Ping-Pong-Spiel“, so Kaya, der auch das Drehbuch zu dem Film geschrieben hat. „Man konnte einfach nur zuschauen, es war ein wunderbares Gefühl.“ Ramadan ergänzte, dass der Dreh insgesamt sehr familiär gewesen sei. „Wir waren alle super herzlich miteinander“, sagte er. „Ich war sogar an meinen drehfreien Tagen vor Ort und das hätte ich sonst nie gemacht.“
Mit nur 70 000 Euro war das Budget für den Film sehr gering. „Wir hatten nur eine Lampe“, sagte Kaya lachend. „Daraus ergab sich dann auch die etwas provisorischere Kameraführung.“ Schwierigkeiten einen Verleiher zu finden, hatte der Film trotzdem nicht. Sobald er fertig war, hätten sie die Qual der Wahl gehabt. Auf die naheliegende Frage, ob „Ummah – Unter Freunden“ ein biografischer Film sei, antwortete der Regisseur, dass bis auf die Polizeiszene nach der Hochzeit alles fiktional gewesen sei und die Aktualität des Themas sich auch zufällig ergeben hätte.
Immer wieder wurde die Rolle des Islams im Film angesprochen. Dass die Religion hier allerdings eher Mittel zum Zweck ist, musste Kaya mehrmals erklären. „Der Film ist ein Appell an die Menschenfreundlichkeit. Nationalität oder Religion sind dabei austauschbar.“ Gerade dadurch wird „Ummah – Unter Freunden“ so sehenswert. Der kaputte Mensch, der durch Freundschaft zurück ins Leben findet, macht Mut, sich dem eigenen inneren Dämonen zu stellen und vielleicht auch das ein oder andere Vorurteil zu überdenken. Sarah Kugler
„Ummah – Unter Freunden“ ist im Thalia, Rudolf-Breitscheid Straße 50, zu sehen
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