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Kultur: Fülle?

Die Ausstellung „Phylle“ in der Galerie M

Stand:

Lose hängt Annette Pauls ornamentaler Scherenschnitt an der Wand. Die verschlungenen Papier-Elemente flatterten wohl im Sturm – wäre dort einer in der Produzentengalerie M, wo derzeit die Ausstellung „Phylle (Fülle)“ mit Kunstwerken von Annette Paul, Jana Feiler und Mathias Melchert zu sehen ist. So aber klebt das weiße Papier reglos an der Wand. Erst nach längerem Hinsehen fällt auf, dass die hübsch zugeschnittenen Bögen das Wort „echt“ formen. Darunter ist eine Reihe Teelichter aufgestellt. Sollen die hier vielleicht für etwas Wind sorgen?

Installativer fällt Pauls Kunstwerk „Danae“ aus – ein Emaille-Eimer, der innen golden ausgemalt ist. Danae – die griechische Königstochter, die von Zeus in Form eines goldenen Regens verführt wurde war bis in die Moderne hinein ein beliebtes Sujet der Malerei. Sie ist das Symbol für den Diskurs um Männlichkeit und Weiblichkeit. Was aber will Paul hier sagen? Es erscheint beinahe etwas flapsig, die schöne Danae als gefüllten Eimer zu interpretieren. Ein anderes Werk wiederum besteht aus einer Serie von fotografischen Selbstporträts, auf denen die Künstlerin mit lehmverschmierten Haaren wilde Fratzen zieht und sich dabei offensichtlich auf Caravaggios berühmtes Medusen-Bildnis bezieht. Das ist aber leider nur halb gelungen: Das herrliche Grauen, das Caravaggios Medusa in ihren Betrachtern auslöst, kann Annette Paul nicht einflößen.

Jana Feiler setzt in ihrer Kunst, die im Erdgeschoss der Galerie zu sehen ist, eher auf Tradition. Mit Tusche oder Öl füllt sie rosafarbene, goldgelbe und blassblaue Bildflächen. Oft bleibt sie abstrakt, anderswo wird sie wieder figürlich. So entstehen hübsche Bilder mit unaufgeregten Motiven. Zitronenfalter im Bild „Der Tag des Zitronenfalters“, sich einander zuneigende Pusteblumen im Bild „Zuneigung“ - Spannung erzeugt diese Malerei nicht.

Mathias Melcherts Bilder schließlich sind ebenfalls irgendwo zwischen Abstraktion und Figürlichkeit angesiedelt. Mit schwarzer Tusche lässt er expressive Elemente auf der Bildfläche entstehen, die er dann mit leuchtenden Farben ausmalt. Und endlich lässt sich ein Bezug zum Ausstellungstitel herstellen: Immer wieder finden blattähnliche Formen in seine Bilder, die anmuten wie „Wandelnde Blätter“, lateinisch „phyllium“. Dabei handelt es sich um Insekten, die ihren Körper derart an ihre Umgebung angepasst haben, dass er kaum von echten Blättern zu unterscheiden ist.

Wo allerdings die „Fülle“ der Ausstellung versteckt ist – außer im Ausstellungstitel –, das muss sich der Besucher beim Gang durch die Galerie unweigerlich fragen. Das untere Geschoss der Produzenten-Galerie M ist bis auf einige wenige Werke Annette Pauls und Jana Feilers leer wie nie. Und auch in anderer Hinsicht erscheint die Galerie mit dieser Ausstellung alles andere als gefüllt. Schön anzusehen sind die Werke der drei ausstellenden Künstler. Was aber den geistigen Inhalt der hier ausgestellten Kunst betrifft, wirkt „Phylle (Fülle)“ ironischerweise etwas leer. Linda Huke

„Phylle “ ist noch bis zum 6. Oktober in der Produzenten-Galerie M, Charlottenstraße 122, mittwochs bis freitags 11 bis 17 Uhr und samstags und sonntags 11 bis 18 Uhr zu sehen

Linda Huke

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