Kultur: Fülle und Transparenz
Im Treppenhaus des Großen Waisenhauses sangen die Chöre inVoice und Cantabile nova
Stand:
Ein prachtvolles Gebäude für ein Militärwaisenhaus. König Friedrich Wilhelm I. hat sich seiner Soldaten-Waisenkinder was kosten lassen. Die Figur der Caritas auf der Kuppel gibt weithin darüber Auskunft, dass man in diesem Haus trotz des strengen Reglements für Mädchen und Jungen soziale Verantwortung trug. Vor gut 280 Jahren war dies keine Selbstverständlichkeit.
Am Montagabend wurde das Waisenhaus in der Lindenstraße von jungen Leuten bevölkert, von Mädchen aus Potsdam und der schweizerischen Partnerstadt Luzern. Im Treppenhaus, dem Prunkstück des Gebäudes, das dreimal das Motiv des römischen Pantheon in jedem Stockwerk wiederholt, sangen der Luzerner Mädchenchor inVoice (Leitung: André Grootens) und der Chor Cantabile Nova der Singschule Potsdam (Leitung: Angela Haupt). Unterstützt wurde das Konzert von der Stiftung Großes Waisenhaus
In den Etagen saßen die Zuhörer und lauschten den Darbietungen der beiden Chöre, die in der gesamten Halle gleichermaßen wunderbar zu hören waren, zu sehen jedoch weniger. Man konnte sich intensiv auf das musikalische Geschehen konzentrieren, von Äußerlichkeiten kaum abgelenkt.
Akustisch gab der hoch gestreckte Raum den Sängerinnen viel Entfaltungsmöglichkeiten. Zwar hat er eine Hallzeit aufzuweisen, doch ist sie so kurz, dass sich gegenseitiges Hören beim Singen bestens bewerkstelligen lässt. Und so konnten die beiden kammermusikalisch besetzten Mädchenchöre mit einem fein differenzierten Klangbild aufwarten. Vor allem die Intonationsgenauigkeit war auffällig. Dies ergab dann auch eine Homogenität und Reinheit, der man selten begegnet. Schon allein dies lohnte der Besuch des Konzertes. Zwischen beiden Klangkörpern stellte man kleine Unterschiede fest. Die Luzerner Mädchen können mit satten tiefen Stimmen aufwarten. Sie ergaben einen insgesamt sehr warmen und fülligen Klang. Bei den Potsdamerinnen begeistern immer wieder die klaren Soprane, die in der Höhe ohne jegliche Schärfe agieren. Transparenz ist bei Cantabile Nova erstes Gebot. Hier in der Halle brauchten die Chöre sich nicht anstrengen, sie wurden von der Akustik getragen.
Vom kunstvollen Chorsatz bis zum mitreißenden Spirituals hatte man vorbereitet. Den Frühling besang man in zarten Tönen mit Sätzen von Hugo Distler und Rudolf Lerch. Heiterkeit verbreiteten danach die tschechischen und französischen Volkslieder, Lebensfreude die Gesänge aus Afrika. Köstlich wurde das humorige „große Lalula“ von Wilfried Hiller nach einem Text von Christian Morgenstern vorgetragen, gefühlvoll das Schweizer Volkslied „Stets i truure“. Drei obligatorische Abendlieder beendeten das fein gesponnene Programm, das mit großem Applaus der Zuhörer bedacht wurde.
Der Luzerner Mädchenchor inVoice war auf Einladung der Singschule Potsdam in der brandenburgischen Landeshauptstadt zu Gast. Sie beantworteten damit den Besuch der Potsdamerinnen in Luzern. Bereits am Sonntag gab inVoice in der Nikolaikirche ein Konzert mit geistlichen Chorsätzen. Im Vorfeld der Konzerte wurde davon gesprochen, dass längst so manche Freundschaft zwischen Mitgliedern beider Chöre gewachsen ist. Dies wurde dann in dem Chorsatz „Laudate Dominum“ bewegend hörbar. Leider aber nur ein einziges Mal. Das nächste Mal mehr.
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