Kultur: Galante Klänge
Staatsorchester-Benefizkonzert im Neuen Palais
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Staatsorchester-Benefizkonzert im Neuen Palais Was, wenn die Bank den Dispokredit kündigt? Wie die Miete weiter zahlen, wenn man plötzlich arbeitslos wird? Wem sich in solchen Situationen anvertrauen, wo menschliche Zuwendung erfahren? Brandenburgs Landesstiftung „Hilfe für Familien in Not“ unter der Schirmherrschaft des jeweiligen Landesvaters ist da eine gute Adresse. Seit Jahren gewährt sie Betroffenen nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern auch Hilfe zur Selbsthilfe. In ihren Bemühungen erhält die Stiftung lobenswerten Beistand durch gutsituierte und sozial engagierte Mitbürger. Mit ihren Spenden gelangen viele aus zeitweiliger Bredouille. In diesem Jahr sind 45000 Euro zusammengekommen. Seit Jahren ist es ein schöner Brauch, den Hilfespendern mit einem Konzert im Schlosstheater im Neuen Palais zu danken. Aus diesem Anlass verlangt die Schlösserstiftung keine Miete, wird die erforderliche Haftpflichtversicherung von der Assekuranz übernommen, legt die Feuerwehr eine unentgeltliche Aufpasserschicht ein, spielt das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt ohne Entgelt. Mittlerweile ist den Musikern dieser Termin unentbehrlich geworden. Unter Leitung ihres Chefdirigenten Heribert Beissel lassen sie sich, denen das Podium mitunter eng wird, vom friderizianischen Interieur zu aparter Spielweise animieren. Dieser Manier haben sie sich seit einigen Jahren mit ihren Konzertreihen "Wiener Klassik" und "Barockkonzerte" erfolgreich zugewendet. Obwohl zunächst in kleiner Besetzung antretend, klingt Johann Sebastian Bachs Orchestersuite Nr. 1 C-Dur BWV 1066 dennoch klangsatt, aber auch nicht dicklich. Eine gekonnte Gratwanderung. Ihr modernes Musizieren, mit gebührendem Vibrato, überzeugt auf seine Weise. Elegant bewegen sie sich auf stilisiertem Tanzparkett und terrassendynamisch gesichertem Terrain. Dann füllt sich die Bühne, sodass für die Solisten Christian Krech und Sebastian Schneider nur ein rampennaher Stehplatz übrig bleibt. Doch die Enge ficht sie nicht an, und so blasen sie das Konzert für zwei Klarinetten und Orchester Es-Dur op. 35 des böhmischen Komponisten Franz Krommer (1759-1831) gelöst im beschwingten Mozart-Gusto. Die Solisten liegen dabei auf gleicher klangbrillanter Wellenlänge. Heribert Beissel ermahnt jedoch immer wieder zum Leisespiel, um das Durchdringende der hohen Klarinettenlage, mit der das virtuose Stück nicht geizt, weitgehend zu vermeiden. Nicht minder heikel ist, vorzugsweise in den Höhenlagen, die gegenseitige Intonationsabstimmung. Wenn sich die Solisten dagegen ganz von der empfindsamen Seite zeigen, klingt''s vorzüglich. Seiner Vorliebe für zügige Tempi frönt der Dirigent auch in Mozarts C-Dur-Sinfonie KV 425 "Linzer". Dennoch bleibt die geschmeidige Artikulation, das klangliche Auskosten der vielen dramatischen Zuspitzungen nicht auf der Strecke. Dieser zupackenden, konfliktbetonenden, dynamisch gut abgestimmten Lesart folgen die Zuhörer gebannt. Der Beifall folgt attacca. Peter Buske
Peter Buske
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