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Kultur: Ganz französisch

Erstes Sinfoniekonzert der Saison mit der Kammerakademie Potsdam im Nikolaisaal

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Erstes Sinfoniekonzert der Saison mit der Kammerakademie Potsdam im Nikolaisaal Beim ersten Sinfoniekonzert präsentierte sich die Kammerakademie Potsdam ganz französisch. Der Sprung von den sonst präferierten Werken Barock, Rokoko und Klassik zum Impressionismus gelang stilsicher und elegant. Mit dem Dirigenten Maurice Bourgue stand ein Kenner der romanischen Musikkultur am Pult, der raffinierte Klangschattierungen zu erzeugen wusste. Ganz zu Unrecht steht Gabriel Faurés Vertonung des Pelléas-und-Melisande-Stoffes unter den vielen Vertonungen von Maurice Maeterlincks symbolistischem Drama im Schatten. Die viersätzige Orchestersuite der Bühnenmusik besticht mit zarten Klangbildern in spätromantischem Duktus doch ohne dessen Drucklast. Duftig und schwerelos ziehen die Tongespinste der sordinierten Streicher vorüber, sanft singen Flöte und Oboe, der plötzliche Aufruhr der Hörner und Trompeten geht vorbei. Am Ende verhaucht ein letzter Flötenton (Bettina Lange) friedvoll, überirdisch. Ein Fundstück für Fagottisten ist André Jolivets Konzert für Fagott, Streichorchester, Harfe und Klavier. Das 1954 entstandene Werk des Schülers von Edgar Varése vereint diffizilste Solopassagen mit klanglichen Beschwörungsformeln. Für Sergio Azzolini, Fagottist und künstlerischen Leiter der Kammerakademie Potsdam, war die Aufführung eine ehrenvolle Herausforderung, bei der er seine vielseitige Virtuosität erneut unter Beweis stellen konnte. Mit seinem exzellenten Fagottspiel verleiht Azzolini diesem zwischen Neue Musik und Free Jazz changierenden Stück energetische Akzente. Im Gespräch mit Harfe und Klavier setzt sich das Fagott mit dunklem Vibrato durch, vor den zarten Tonschleiern der Violinen erhebt es eine intensive Klage, bis beim Hexenkessel des furiosen Finales die Töne tanzen und taumeln. Wie sehr die französische Musik im lichten Diesseits zu Hause ist, zeigt sich bei Claude Debussys „Petite Suite“, einem Kleinod heiterer Beschwörung von irdischen Freuden. Harfe und Flöte erzählen von friedlichen Stunden, nur gen Ende dräuen die Klänge doch recht dunkel. Das späte Kammerkonzert in Es-Dur „Dumbarton Oaks“ von Igor Strawinsky passte sehr gut ins Programm, steht er doch mit seinem universellen, eklektizistischen Komponierstil über den Regionalismen und Stilrichtungen. Die Kontrabässe springen saltando in drängender Rhythmik, jazzige Bläserriffs verbreiten Straßensound, von Bach bis Bernstein finden sich Merkmale aus drei Jahrhunderten Musikgeschichte. Über alle Grenzen hinweg springt und spielt die Kammerakademie trocken, locker und spritzig. Die abschließende Orchestersuite „Le tombeau de Couperin“ führt Barock und Impressionismus zusammen. Aus den ätherischen Schleiern der Streichern klingen feinziselierte Ornamente hervor, eine sensible Oboenkantilene (Jan Boettcher) zieht durch das harfenglitzernde Menuett. Nur die frechen Trompeten trotzen dem esoterischen Schönklang des Ensembles. Dass dieses Werk dem Gedenken an sieben, im ersten Weltkrieg gefallene Freunde von Maurice Ravel, gewidmet ist, merkt man ihm nicht an. Vielmehr steht „Le tombeau de Couperin“ für die Sublimierung durch Ästhetisierung der künstlerischen Form, wie sie gerade für die Musik von Ravel typisch ist. Dabei entsteht eine sublime Klangraffinesse mit irisierenden, nur leicht elegischen Stimmungen, die die Kammerakademie Potsdam mit Inbrunst wiedergibt. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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