Kultur: Garnisonkirche auf alten Pfählen für 50 Mio.
Dr. Hans-Peter Rheinheimer im Kulturausschuss: Projektvorlage des Architektenteams kurz vor Fertigstellung
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Dr. Hans-Peter Rheinheimer im Kulturausschuss: Projektvorlage des Architektenteams kurz vor Fertigstellung Der Wiederaufbau der Garnisonkirche werde nach jetzigem Kenntnisstand rund 50 bis 55 Millionen Euro kosten. Dieser Schätzpreis orientiere sich an den Erfahrungen des Fortunaportals. Eine Projektvorlage, die demnächst von der Architektengruppe Bernd Redlich, Rüdiger Patschke, Christian Wendland und Andreas Kitschke fertiggestellt werde, gäbe darüber detaillierte Auskunft, so Dr. Hans-Peter Rheinheimer, Vorsitzender der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche, am Donnerstagabend vor dem Kulturausschuss. Zehn Jahre veranschlage seine Gesellschaft, bis das nötige Geld dafür gesammelt sei. Dazu werde eine internationale Werbekampagne gestartet. „Die Garnisonkirche hat sicher nicht die gleiche Bedeutung wie die Frauenkirche in Dresden, aber sie ist ein wichtiges historisches Beispiel für den norddeutschen Barock.“ Das Gotteshaus soll original getreu wiederaufgebaut werden, allerdings ohne die neubarocken Überformungen im Inneren unter Wilhelm II. Den gewaltigen Altar, der allein zehn Millionen Euro kosten würde, stelle man vorerst zurück. Insgesamt 3000 Besucher fanden ursprünglich in der Kirche Platz. Durch heutige Sicherheitsauflagen würde sich diese Anzahl voraussichtlich etwas reduzieren. Dennoch war im Kulturausschuss ein Raunen zu vernehmen, denn bei der Nutzung der Kirche könne man sich laut Rheinheimer neben der Versöhnungsarbeit eventuell auch einen Konzertsaal vorstellen, was zwangsläufig eine Konkurrenz für andere Kulturträger bedeuten würde. „Wir werden uns dem Votum der Kirche unterwerfen, was den Inhalt betrifft.“ Auf die Frage, welche Leistungen seine Gesellschaft von der Stadt erwarte, betonte Rheinheimer: „Das ist nicht nur eine Frage der Stadt, sondern insgesamt der öffentlichen Hand. In Sachsen trugen Stadt, Land und Bund 60 Millionen Euro bei. Davon wollen wir nicht träumen. Mit Ausnahme der Straßenführung und der Umlegung der Leitungen gehen wir nicht davon aus, dass Geld aus dem Stadtsäckel kommt.“ Um die Kirche an alter Stelle zu errichten, müsste die rechte Fahrbahn der Breiten Straße geopfert werden. Auf die Frage von Karin Schröter (PDS), ob eine Verschiebung des Gebäudes ein Tabu sei, verwies Rheinheimer auf den schwierigen Untergrund. „Da an dieser Stelle Torfboden ist, müsste eine gewaltige Pfählung erfolgen, die Millionen von Euro verschlänge. „Das würde alle Kostenvorstellungen sprengen. Sollten die existierenden Pfähle des alten Untergrundes verrottet sein, müssen wir die Situation neu überdenken.“ Zum umstrittenen Thema des Nagelkreuzes aus Coventry, das ursprünglich statt der Wetterfahne die Kirche bekrönen sollte, sei inzwischen auch eine Einigung in Sicht. Es bestehe die Tendenz, die Wetterfahne am angestammten Platz zu „hissen“. „Sie wurde in der Vergangenheit oft irreführend interpretiert. Man setzte den preußischen Adler mit Friedrich Wilhelm I. gleich und die Sonne mit Ludwig XIV.“ Die Kampfesposition des Adlers wurde demzufolge als Angriff ausgelegt. „Das ist einfach Blödsinn, die Wetterfahne symbolisiert vielmehr im frühchristlichen Sinne das Nahesein der Christen bei Gott. “ Das Nagelkreuz sei ohnehin am Eingang besser sichtbar. Insgesamt wird der Wiederaufbau unter Federführung einer Stiftung erfolgen, deren Gründung sich noch bis zum Herbst hinziehen könnte. „Wir wollen als Fördergesellschaft, also als Bürger der Stadt, im Kuratorium dieser Stiftung mit vertreten sein.“ Rheinheimer, der als Vorsitzender des Industrieklubs, mit dafür sorgte, dass die unsäglichen Streitereien um den Wiederaufbau beigelegt wurden, habe auch versucht, mit dem Traditionsverein Potsdamer Glockenspiel ins Gespräch zu kommen. „Ich habe mich lange mit Max Klaar unterhalten, konnte ihn aber nicht ganz von der Idee des Versöhnungszentrums überzeugen. Die Tür für die Gemeinschaft steht ihm aber weiter offen. Das Sagen haben indes wir hier in Potsdam, der Traditionsverein muss sich einordnen.“ Außer einem langen Theorienstreit hätten die vergangenen Jahre nichts bewirkt. „Es lag keinerlei Projekt vor.“ Der „Ruf aus Potsdam“ als Motto des Wiederaufbaus habe jedenfalls positive Wellen geschlagen. „Viele haben sich bereits angeboten, mitzuziehen. Ich bin mir sicher, die Garnisonkirche wird den Tourismus enorm anstacheln, und diesen kaufmännischen Aspekt sollte man nicht gering schätzen.“ Heidi Jäger
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