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FREITAGS: Gedenkkultur

Klaus Büstrin wünscht sich würdige Erinnerungstafeln

In Weimar begegnet man auf Schritt und Tritt Gedenktafeln für Menschen von Weltrang und für solche, die eine lokale Bedeutung haben. In Potsdam dagegen findet man diese sichtbare Gedenk- und Erinnerungsflut nicht. Schon zu Kaisers Zeiten wurde die Residenzstadt sehr ausgewählt mit Tafeln bedacht. Vor allem mit solchen, die von den Leistungen preußischer Militärs berichten. Erstaunlicherweise wurden zu DDR-Zeiten in Potsdam ebenfalls selten Gebäude mit Tafeln „geschmückt“, obwohl die SED dem pathetischen Gedenken sehr zugeneigt war. Nach der politischen Wende fand man plötzlich Gedächtnismale in Hülle und Fülle. Jetzt durfte man sich auch öffentlich an Ereignisse und Persönlichkeiten erinnern, deren Andenken vierzig Jahre nicht gewünscht war. Die Aktionsgemeinschaft für den Aufbau der Potsdamer historischen Innenstadt (Agaphi) wurde in Sachen Gedenkkultur aktiv. Es überhäufte die Gedenktafelkommission der Stadt oftmals mit Vorschlägen. Nun findet man an zig Häusern in Potsdam mit Gold beschichtete Aluminiumtafeln, die an zumeist authentischen Orten von ehemaligen Bürgern und Geschehnissen der Stadt erzählen. Geld für besseres Material gab es nicht. Die Tafeln, die wie Aushänge wirken, werden nach einigen Jahren schwarz und somit unansehnlich, fast nicht mehr lesbar. Beispielsweise die für Jochen Klepper in der Birkenstraße 1, die davon berichtet, dass der Dichter seinen Kollegen Reinhold Schneider, der in diesem Haus in den dreißiger Jahren lebte, des öfteren besuchte. Aber wirklich wichtig wäre, dass Reinhold Schneider, der ein Schriftsteller von europäischem Rang war und ist, endlich in Potsdam eine angemessene Würdigung erhält. Den Text auf seiner Gedenktafel und die anderer Persönlichkeiten sollte man auch nach mehr als zehn Jahren entziffern können.

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