Kultur: Gedenktage schützen nicht vor Kritik
Streit zwischen Ministerium und Eva Strittmatter
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Zwischen Brandenburgs Umweltministerium und Eva Strittmatter, der Witwe des Dichters Erwin Strittmatter, gibt es einen offenen Streit. Nach dem Verzicht des Ministeriums auf die Namensnennung des Schriftstellers für einen Umwelt-Literaturpreis zeigte sich Eva Strittmatter enttäuscht, wie die „Gransee-Zeitung“ berichtete. Sollte das Ministerium doch wieder den Namen Strittmatter-Preis als Synonym für den Brandenburgischen Literaturpreis Umwelt verwenden wollen, werde sie dies verhindern, sagte sie.
Im Sommer des vergangenen Jahrhunderts war bekannt geworden, dass Strittmatter (1912-1994) im Zweiten Weltkrieg in einer zur SS gehörenden Polizeieinheit gedient hatte. Der Autor von „Ole Bienkopp“, „Der Wundertäter“ oder „Der Laden“ hatte das zu Lebzeiten verschwiegen. Die Vergangenheit des Namensgebers müsse erst wissenschaftlich aufgearbeitet werden, bevor das Ministerium endgültig über den Preisnamen entscheide, sagte der Ministeriumssprecher Jens-Uwe Schade. Mit der vorläufigen Namensänderung des Erwin-Strittmatter-Preises wolle das Brandenburgische Umweltministerium in Potsdam die Aufmerksamkeit auf die Preisträger lenken.
Bislang waren die Begriffe Brandenburgischer Literaturpreis Umwelt und der Erwin-Strittmatter-Preis synonym verwendet worden. Nun fällt die Bezeichnung Strittmatter-Preis bis auf weiteres weg, wie Umweltminister Dietmar Woidke auf eine parlamentarische Anfrage geantwortet hatte. StrittmattersWitwe kritiserte den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Namensverzichts zudem als „stillos“. Die parlamentarische Antwort des Ministers ist vom 26. Januar datiert, war jedoch erst am vergangenen Samstag von den Medien aufgegriffen worden – am 15. Todestag des Autors. Die parlamentarische Anfrage sei fristgerecht beantwortet worden, sagte Schade. Außerdem schützten Gedenktage nicht vor einer kritischen Auseinandersetzung mit verstorbenen Autoren. Der Namensgeber eines Preises müsse „repräsentationsfähig“ bleiben. Es sei „das Recht und die Aufgabe jeder Generation, das literarische Erbe neu zu sichten und zu bewerten“.
Unterdessen wurden neue Details über die NS-Verstrickungen Strittmatters bekannt. Nach einem Bericht der „Lausitzer Rundschau“ soll Erwin Strittmatter nun doch „sehr wahrscheinlich“ an Kampfeinsätzen im Krieg teilgenommen haben. Die Zeitung bezog sich auf eine Rede des Historikers Bernd-Rainer Barth vom Samstagabend in Spremberg. Den Recherchen des Wissenschaftlers zufolge habe sich Strittmatter 1939/40 um die Aufnahme in die Waffen-SS beworben, sei aber abgelehnt worden.
Ab 1941 diente Strittmatter in einer Einheit der Ordnungspolizei, die 1943 der SS zugeordnet wurde. Diese Zugehörigkeit habe er jedoch Zeit seines Lebens der Öffentlichkeit gegenüber verschwiegen, fand der Literaturwissenschaftler Werner Liersch im Quellenstudium heraus und veröffentlichte seine Forschungen 2008. Das „SS-Polizei-Gebirgsjäger-Regiment 18“ sei als Teil der „Ordnungspolizei“ in Slowenien, Finnland und Griechenland im Einsatz gewesen. Nach diesen Informationen kam es mehrfach zu Massakern und Geiselerschießungen, unter anderem stellte das SS-Polizei-Gebirgsjäger-Regiment 18 die Wachmannschaften bei der Deportation der jüdischen Bevölkerung Athens in die Vernichtungslager.
Strittmatter sei an diesen Gewalttaten nicht direkt beteiligt gewesen, habe sie als Bataillonsschreiber aber vermutlich beobachtet und notiert. K.Bü. mit dpa
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