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Kultur: Gedichte von Brasch verrockt

„bildet banden“ am Sonntag im Theaterschiff

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„bildet banden“ ist nicht nur ein Aufruf aus der linken Szene, sondern auch eine Potsdamer Band mit einem besonderen Programm. In klassischer Rockbandformation, mit zwei Gitarren, Schlagzeug und Bass, vertonen „bildet banden“ Gedichte des DDR-Kultautors Thomas Brasch und präsentieren sie im rauen Punk-Rock-Sound. Sänger und Gitarrist Sebastian Günter Birr (27) hat dieses ungewöhnliche Konzept, das er bereits in Cottbus unter dem Titel „Rhythm and Prosa“ vorstellte, maßgeblich erarbeitet. Am Sonntag, ab 19.30 Uhr, werden „bildet banden“ im Potsdamer Theaterschiff Brasch-Songs und Selbstgeschriebenes spielen.

„Ich kann kein Gedicht lesen, ohne nicht die Musik darin zu hören“, sagt Birr. Entstanden ist das Rock-Lyrik-Projekt vor drei Jahren in Zusammenarbeit mit dem Weimarer Jazzpianisten Jan Mareck. Birr, der bereits mit 15 Jahren in der Liedermacherszene auftrat, wollte etwas anderes singen, hatte aber dazu nicht genügend eigenes Textmaterial. „Wir nahmen zunächst Tucholsky-Gedichte zum Proben“, erzählt er, „und hatten damit ziemlichen Erfolg“. Der Berliner Produzent Peter Talmann wurde auf die beiden Musiker aufmerksam und versprach „eine Platte zu machen, wenn wir ein ganzes Programm damit bestreiten können“, so Birr. Die Tucholsky-Songs wurden tausendmal per CD verkauft – ein gutes Ergebnis für ein Label wie die Berliner „Raumer Records“, die ansonsten osteuropäische Musik vertreiben. Mit dem Programm ging es für Birr und Mareck auf Tournee durch das gesamte Bundesgebiet, nach Paris, Bratislava und in die Slowakei.

Birr erlebte Thomas Brasch bei einer Lesung im Potsdamer Hans Otto Theater und war begeistert. Das verstärkte sich noch durch die Schauspielerei. Der Musiker und Texter Birr ist nämlich außerdem Mitglied der Babelsberger StadtSpiel-Truppe. Das Brasch-Programm erarbeitete er nach dem Gedichtband „Wer durch mein Leben will, muß durch mein Zimmer“. Er probierte zunächst allein, nur mit Gitarre und Stimme. Es sei ein „nicht durchdachter Prozess“ gewesen. „Die Musik liegt schon in den Worten“, lautet Birrs Leitmotiv, der sich bei der Vertonumg weitestgehend an die Originale hält.

„Die Vertonung der Gedichte ist ganz allein meine Sache, da lasse ich mir nicht reinreden“, erklärt Birr die Arbeit mit der Band. Hat er die Harmonien für die Stimmung und die Aussage eines Textes gefunden, ist er bereit, mit den Mitmusikern Mathias Peter (Schlagzeug), Bernhard Rataisky (Gitarre) und Friedrich Breitsprecher (Bass) den Sound zu erarbeiten. Und der ist recht ungewöhnlich, weder eindeutig dem Punk noch der Rockmusik mit deutschen Texten zuzuordnen. Die Bezeichnung „Sänger“ würde Birrs Stil nur unzureichend beschreiben, weil er manche Strophen durch Flüstern oder Schreien aus dem Songkontext herausreißt. Den ansonsten rauen Sound durchbricht Birr mit seinem filigranen Fingerpicking auf der Gitarre, das man ansonsten eher von Liedermachern kennt. Vom Klang einer Band hat Birr ganz eigene Vorstellungen. „Ich will nicht so ein mechanisches Duracell-Schlagzeug, sondern eines, das percussiv gespielt wird“, sagt der Sänger. Brachialer Punk mit filigranen Akzenten.

„Bildet Banden!“ stand einst auf einem Aufkleber aus der linken Szene. Das gefiel Birr. Nicht als Aufruf zur Gewalt, sondern weil er sich viele Aktivitäten vorstellen kann, bei denen Menschen etwas zusammen machen. Beispielsweise: Eine Band gründen.

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