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Kultur: Gefühlig, gefällig, wenig originell

Orgelsommerkonzert mit Marco D“Avola

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Orgelsommerkonzert mit Marco D“Avola Ein „sehr heiteres“ Programm werde es werden, wird der Lauschgemeinde zuvor vollmundig verkündet. Doch was der Organist Marco D''Avola aus dem sizilianischen Ragusa für seinen Auftritt beim Internationalen Orgelsommer in der Friedenskirche auswählte, hält dieser Verheißung nicht stand. Selbst künstlerischer Direktor eines internationalen Orgelfestivals auf heimatlicher Insel, weiß er, was man spielen sollte. Er wählte eine italienisch-deutsch-französisch-englische Mixtur weitgehend ernster Werke. Sollte mit den Begrüßungsworten (unwissentlich) eine falsche Fährte gelegt werden?! Auf das jedes Gespräch darüber abrupt verstumme, greift der Sizilianer sogleich in das volle Orgelwerk, um „Theme et Variations“ von Marco Enrico Bossi (1865-1925) in das Kirchenschiff zu schleudern. Dem nahezu gewalttätig angestimmten Thema folgen sentimentale Modifikationen, zungenstimmenreich und geschwellt. Flinkzüngige Veränderungen werden von kompakteren Dissonanzen abgelöst. So pendelt es sich hin. Sonderlich einfallsreich ist''s nicht, was der Begründer der modernen italienischen Orgelkunde zu Notenpapier gebracht hat. Wesentlich gehaltvoller zeigen sich dagegen drei Stücke des französischen Modernisten Jehan Alain (1911-1940), deren magische Klangsinnlichkeit von Marco D''Avola gebührend vorgeführt wird. Dabei nutzt er die Möglichkeiten der neuen „Königin“ und ihres „französischen Manuals“ ausgiebig. Tremulant, Zungenstimmen, Schweller haben reichlich zu tun. Zunächst elegisch, dann allmählich aufgeregter, schließlich brausend, fast hymnisch erklingt die „Hommage a Clement Jannequin“. In „Le jardin suspendu“ breiten sich sentimentale, zartgetönte, von schweren (Klang-) Düften angereicherte Wonnen aus, die elysäischen Gefilden zu entstammen scheinen. Die „Litanies“ zeigen sich nicht weniger weihevoll. Klippen tänzerisch ausufernder Beschwingtheit, die geradezu in toccatische Ekstase mündet, werden vom Organisten nicht immer sicher umschifft. Doch lassen sich viele orchestral wirkende Registrierungseffekte bewundern. Pompös ertönt ebenfalls das Finale der 1. Orgelsymphonie op. 14 von Louis Vierne (1870-1937). Gefühlig und gefällig und wenig originell präsentieren sich die Kompositionen des Organisten Marco D''Avola (geb. 1959). Von der Suite Gregoriana op. 35 geht, ganz dem Gegenstand verpflichtet, eine Strenge und düstere Stimmung aus. Seelenbibber erzeugt sich durch grummelndes Pedal und Tremulanten, Sequentia-Hymnus per durchdringender Principalstimmen – alles getreu nach der Durch-Nacht-zum-Licht-Methode. Besinnlich strömt „Elevazione“ (Erbauung) dahin. Erbaulich ist''s jedoch nicht immer, denn zu viel G''schlampertes schleicht sich dem Spiel ein. Für taube Ohren und solche, die es werden wollen, spielt D''Avola kraftdonnernd und klangbreiig seine Transkription von Orffs „O Fortuna“- Hymnus aus den „Carmina Burana“. Sie ist total überflüssig, denn alle rhythmische Präzision und Prägnanz des Originals sind gründlich entsorgt. Nicht weniger misslich der deplaciert wirkende „Rausschmeißer“, Edward Elgars Militärmarsch „Pomp and Circumstances“. Die Woehl-Orgel konnte sich dieser Vergewaltigung leider nicht erwehren. Der Beifall prasselte dennoch.Peter Buske

Peter Buske

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