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Kultur: Geläutert

Eine Roadmovie zu Pferde: „Three Burials“ im Thalia

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Der Blick verliert sich in der Weite der wilden, bizarren Ödnis. Doch was wie Niemandsland anmutet, ist Ort menschlicher Hoffnungen und Tragödien. Es ist die amerikanische-mexikanische Grenzregion. Dort wird der illegale Landarbeiter Melquiades Estrada eines Tages halb verwest aufgefunden. Obwohl er erschossen wurde, interessiert sich die Polizei keine Spur um den Mörder. Was zählt schon ein unbekannter Mexikaner?!

Und genau aus dieser Anonymität reißt der Film „Three Burials – Die drei Begräbnisse des Melquiades Estrada“ den Toten heraus. Oscar-Preisträger Tommy Lee Jones spielt in seinem aufwühlenden, melancholischen Regiedebüt den Ranch-Vorarbeiter Pete, der sich mit allem Nachdruck seines toten Freundes annimmt und ihn als Leiche zurück in die Heimat bringen will. Ein Grenzgänger in die „verkehrte“ Richtung.

Es ist eine Roadmovie zu Pferde, die immer wieder den Kontrast zwischen der atemberaubend schönen Steppe und der wie in der Retorte gezeugten Grenzstadt, die im Koma zu liegen scheint, bewegt. Ein Ort, an dem das Leben vorbei zieht. „Es ist wirklich anders hier“, sagt die noch immer schöne, aber langsam dahin welkende Kellnerin, die mit dem sturen, aber ehrlichen Pete ebenso ins Bett steigt, wie mit dem saft- und kraftlosen Sheriff und ihrem stupiden Ehemann. Es scheint kein Entrinnen zu geben aus dieser Leere und Einsamkeit.

Der Film erzählt immer wieder in Vor- und Rückgriffen und eröffnet dabei überraschende Perspektiven, die die Ursachen des Todes erst allmählich herausschälen. Drehbuchschreiber Guillermo Arriaga, bekannt von seine Büchern zu „Babel“ und „21 Gramm“, wurde in Cannes für „Three Burials“ mit dem Preis für das „Beste Drehbuch“ ausgezeichnet und Tommy Lee Jones zum Besten Hauptdarsteller gekürt.

Er gibt seinen beherzten, wortkargen Cowboy mit großer Eindringlichkeit und immer wieder auch skurriler Komik. Pete stellt den Täter, den verrohten Grenzpolizisten (Barry Pepper), und er schleppt ihn mit: in das Land des Toten. Und um so mehr Mike mit der Nase in das Leben des von ihm erschossenen Mexikaners hinein gestoßen wird, um so weniger kann er sich ihm entziehen. Seine Dickhäutigkeit bröckelt und lässt einen unreifen, ängstlichen Mann durchscheinen, der sich mit dem Colt und den Fäusten nur ein cooles Image anschaffte. Die Reise zum dritten Begräbnis wird für ihn ein Weg der Läuterung. Das klingt Pathos, schafft es aber haarscharf, diese Gefahr zu umschiffen. Man lässt sich mitreißen von diesem Western-Verschnitt, der sich nicht scheut, seine Botschaft ganz unverschlüsselt dem Zuschauer zu präsentieren. Aber was ist gegen einen Appell an die Menschlichkeit zu sagen? Heidi Jäger

Zu sehen im Thalia um 21 und 23.15 Uhr

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