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Kultur: Gelungener Einstand

Die Kammerakademie in der Friedenskirche

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Der unfreiwillige Auszug aus dem Schlosstheater scheint für die Kammerakademie Potsdam eine positive Wendung zu bekommen. Jedenfalls zog das erste Konzert im Übergangsdomizil der Friedenskirche Sanssouci reichlich Publikum an, weitaus mehr, als in das kleine Schlosstheater hineinpasst. Anstatt auf königlichen roten Samtbänken sitzt man jetzt Schulter an Schulter auf den schmalen Holzstühlen der Kirche. Doch das tat dem Interesse, das wohl insbesondere dem Solisten Albrecht Mayer galt, keinen Abbruch. Der erste Oboist der Berliner Philharmoniker ist ein guter Bekannter in Potsdam, was nicht zuletzt der Kammerakademie zu verdanken ist.

Bei der Sonntagssoiree in der Friedenskirche gab es seltene Solokonzerte aus der Mozartzeit zu hören. Die Werke entpuppen sich als Produktionen von „sogenannten Kleinmeistern“, wie Mayer launig anmerkt. Schließlich seien viele von ihnen nur durch Zufall Großmeister geworden. Dass es keine Oboen-Konzerte aus der Zeit der Frühklassik gebe, sei auch so eine Legende aus den „Musikologen-Heimwerkerstätten“, so Mayer, der auch die musikalische Leitung innehat. Das Konzert für Oboe und Orchester in C-Dur von Franz Anton Hoffmeister ist mit Streichern, zwei Oboen, einem Fagott und zwei Naturhörnern den Konventionen der Zeit entsprechend besetzt. Mit akkuratem Spiel und präzis sprudelnden Passagen fließt das kleine Werk ohne Pause zwischen den drei kurzen Sätzen vorüber, ein Appetitanreger. Dass „der Fiala ein wunderschönes Englischhorn-Konzert geschrieben hat“, schrieb Wolfgang Amadeus Mozart in einem Brief an Joseph Haydn. Welches genau, weiß man heute nicht. Mayer kredenzt mit der Kammerakademie das C-Dur-Konzert von Joseph Fiala. Auf ein munteres Allegro vivace folgt ein Adagio cantabile, in dem Englischhorn und erste Violine (Peter Rainer) zärtlich miteinander duettieren. Als übermütiger Rausschmeißer erweist sich der letzte Satz. Doch es zeigt sich, dass die Werke der Frühklassik, wenn sie nicht in die Gefilde der Empfindsamkeit oder in die Abgründe des Sturm und Drang abdriften, den Konventionen der Zeit verhaftet bleiben und bei aller Gefälligkeit und Virtuosität wenig Originelles aufweisen. Als Zwischengericht serviert Albrecht Mayer das „Ave verum corpus“ von Mozart in eigener Fassung, in der erneut sein zu Recht gerühmtes, kantables, nuancenreiches, weiches Spiel zur Geltung kommt.

Bei der Sinfonie Op.94 „Mit dem Paukenschlag“ von Joseph Haydn fragt man sich durchaus, warum ausgerechnet dieses Werk so populär geworden ist. Weder die glänzende Wiedergabe noch der variantenreiche Einfallsreichtum und die differenzierte Instrumentierung der Komposition können deren erstaunlich simple Themen und derb-robuste Tongestalten verdecken. Paukenschläge und Bläsersalven, zierliches Gezwitscher der hohen Streicher und der Holzbläser zeugen von routinierter, effektsicherer Kompositionstechnik. Die Kammerakademie spielt aufgeweckt und konzentriert, rhythmisch akzentuiert, quecksilbrige Holzbläser und Streicher betören, Trompeten und Hörner markieren die martialische Klangkulisse. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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