Kultur: Gemeinsam durch die Dekaden
Die Band Keimzeit spielt zum 30. Mal im Lindenpark – (K)ein Anlass, sentimental zu werden
Stand:
Es war Sommer 1985, und Keimzeit, die Familienband aus Lütte im Fläming, durfte das erste Mal im Lindenpark spielen. „Das war schon toll, unser erstes Festival“, sagt Norbert Leisegang, Sänger der vielleicht buntesten Pop-Rock-Band aus Deutschlands Osten. Sie spielte am Nachmittag, abends traten Pankow auf. „Wir waren damals noch relativ neu, und viele Fans aus unserer Heimat reisten extra für das Konzert nach Potsdam, um uns den Rücken zu stärken.“
Das Keimzeit-Konzert am heutigen Freitagabend ist ihr mittlerweile 30. im Babelsberger Lindenpark. Es gab Jahre, da waren es zwei oder drei, und zwischendurch etwas weniger. Doch sie kamen immer wieder und füllten das Haus. „Der Lindenpark und wir haben uns gemeinsam durch die Dekaden geschlagen“, sagt Norbert Leisegang. Das Konzerthaus habe trotz vieler Probleme überlebt, und auch die Band gibt es noch, wenngleich sich manches änderte. Von den vier Leisegang-Geschwistern, Norbert, Hartmut, Roland und Marion, sind nur noch die Ersteren dabei. Zuletzt verließ Schlagzeuger Roland die Band, seit einem Jahr trommelt Lin Dittmann.
„Das ist so bei uns, Keimzeit war nie nur ein musikalisches Projekt, sondern eine Herzensangelegenheit“, sagt Sänger Norbert. Da komme es schon mal zu Spannungen. Auch inhaltlich veränderten sie sich, Mitte der 90er-Jahre wurden sie elektrolastiger, nicht allen Fans gefiel das. „Eine ganz normale Entwicklung“ sagt Norbert Leisegang. „Auch ich kann manches gut, anderes gar nicht.“ Aber um seine Grenzen zu kennen, müsse man sie ausloten. „Und wenn es dann Ohrfeigen gibt, muss ich die mir abholen.“
16 Alben sind auf diese Weise entstanden, die Anzahl der veröffentlichten Songs schätzt Norbert Leisegang auf 150. Keimzeit probierten neue Sachen aus, eine Akustik-CD mit altem Material und französischen Chansons und veröffentlichen im April eine CD, die mit dem Babelsberger Filmorchester entstanden ist. Die Arbeit zum nächsten Album hat bereits begonnen. 2015 könnte es fertig sein, sagt der Sänger. Und immer noch sind die Klassiker aus alten Zeiten bei Konzerten gefragt, und sie spielen sie gern. Angepasst haben sie ihre Konzertlänge – an ihr eigenes Alter und das der Fans und die Gepflogenheiten der Nachwendezeit. Als es noch keine Tonträger von Keimzeit gab, Mitte der 80er-Jahre, musste man zu den Konzerten gehen, um die Band überhaupt zu hören. Auftritte von vier Stunden waren keine Seltenheit.
Im Lindenpark ist am heutigen Abend Ex-Keimzeit-Gitarrist Ulrich Sende als Gast dabei. Grundsätzlich seien Auftritte im Lindenpark immer etwas Besonderes, sagt Norbert Leisegang: „Die Potsdamer verbinden uns mit diesem Haus, wenn wir da spielen, kommen immer viele.“ Steffi Pyanoe
Keimzeit am heutigen Freitagabend um 20 Uhr im Lindenpark, Stahnsdorfer Straße 76-78, der Eintritt kostet 25 Euro.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: