Über die Salonkonzerte der Musikfestspiele: Gemischte Gefühle im Palais Lichtenau
Sechs Soireen mit Musik und Wein aus Frankreich kündigte das neue Format der Musikfestspiele „Pariser Salons“ an. „Exklusiv, stilvoll und gesellig“ soll es dabei im Festsaal des Palais Lichtenau zugehen – wie einst in Paris.
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Sechs Soireen mit Musik und Wein aus Frankreich kündigte das neue Format der Musikfestspiele „Pariser Salons“ an. „Exklusiv, stilvoll und gesellig“ soll es dabei im Festsaal des Palais Lichtenau zugehen – wie einst in Paris. Nach den ersten drei Abenden fällt die Zwischenbilanz recht gemischt aus. Chopins 24 Préludes op 28, die am vergangenen Sonntag gegeben wurden, tasten in tiefere Seelenschichten jenseits sozial verträglicher Salonatmosphäre. Wenn diese fiebrigen und sehr persönlichen Klavierminiaturen dann noch so mechanisch abgespult werden wie vom Pianisten Hardy Rittner, bleibt von ihrer ergreifenden Poesie nichts übrig. Was umso deutlicher wurde, als Jennifer Antoni dazu von der Entstehung der Préludes durch Chopins Lebensgefährtin George Sand las: „Die Flut der Gefühle schwemmte ihn in Gefilde, die nur er selber kannte“, heißt es darin. Besser wurde die Sache auch nicht durch die anschließende Champagnerpräsentation im Stil einer Grüne-Woche-Verkostung.
Charme und Anmut versprühte der Salon romantique am Dienstag mit einer Hommage an das französische Kunstlied, das als Mélodie française Furore gemacht hat. Die junge Sopranistin Elodie Fonnard erweist sich als ideale Interpretin für die versteckt erotischen Stimmungen in den Liedern von Fauré, Duparc, Debussy und Ravel. Etwas angestrengt wirkt nur Ravels Etüde-Vocalise, während Poulencs süffiges Lied „Les chemins de l’amour“ nahtlos ins Chanson übergeht. Am Klavier begleitet David Saudubray souverän. Mit Solowerken von Fauré, Debussy und Ravel setzt Saudubray Akzente voll eleganter Präzision.
Den größten Beifall gab es jedoch im sehr gut besuchten Lichtenau-Saal für Eric Saties flott-frivoles Walzerliedchen „La Diva de l’Empire“, dem der dritte Abend am Donnerstag gewidmet war. Wie kein anderer Komponist sah Satie die musikalische Zukunft voraus. Den minimalistischen Klavierstücken verlieh Lucas Blondeel kongeniale Gestalt: kultische Askese bei den drei Gnossiennes, meditative Gelöstheit bei den Gymnopédies. Zugleich spielte kein zweiter Komponist so virtuos mit Parodie und Persiflage. Saties Chorale hypocrite und die Fantasie musculaire bringen das Publikum zum Lachen. An der Violine greift Marc Bouchkov die richtigen Töne dazu mit trockenem staccato, federndem pizzicato und fiependem Flageolett, säuselnden und gravitätischen Akkorden inklusive. Abgerundet wird das geistreiche Spiel vom Klarinettenspiel der fantastischen Annelien Van Wauwe. Obwohl Debussys erste Rapsodie kein einfaches Stück ist und zudem für einen Debussy ungewöhnlich sachlich, sprudelt sie malerisch satte und filigran zarte Klänge hervor. Bei Darius Milhauds Suite in der seltenen Kombination für Violine, Klarinette und Klavier vereinen sich die drei Musiker zu einem entfesselt-archaischen, dann wieder elegisch-verträumten Finale. Die anschließenden vinologischen Belehrungen wirken jedoch etwas befremdlich.
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Babette Kaiserkern
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