
© Konrad Balzer
Von Dirk Becker: Genuss und Last
Kulturvoll reisen – Bis zu 60 „Exkursionen“ bietet die Urania in Potsdam jedes Jahr
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Kultur kann sehr anstrengend und trotzdem ein Vergnügen sein. Für Karin Flegel von der Urania ist das eine regelmäßige Erfahrung. Erst Anfang Januar hatte sie sich auf den Weg gemacht zu Botticelli, Monet, van Gogh und Moholy-Nagy. Von Potsdam über Marburg, Frankfurt am Main, Köln, Wuppertal und Bielefeld ging die Reise. Vier Tage Kultur pur. Ausstellungsbesuche, Führungen, Einführungsgespräche, Vorträge. Ein Programm, das es in sich hat.
Bis zu 60 solcher Kulturtouren bittet die Urania jedes Jahr an. „Thematische Exkursionen“ steht etwas sperrig auf dem Programmheft, das eine Übersicht über die Reisen für das erste Halbjahr gibt. Ob Ballettaufführungen in Leipzig, verbunden mit einem Besuch in der Baumwollspinnerei. Ob die berühmtesten russischen Kunstsammlungen in Moskau oder St. Petersburg oder die Kamelien- und Azaleenblüte am Lago Maggiore. Ob die Händel-Festspiele in Bad Lauchstädt oder die persische Kultur in Mittelasien, was die Kultur betrifft, scheint den Mitarbeitern der Urania und ihren Begleitern kein Weg zu weit. Aber auch Entdeckungen vor der Haustür sind garantiert, wenn beispielsweise zum literarischen Spaziergang durch Bornstedt geladen wird.
Die Planungen für das jährliche „Exkursionen“-Programm beginnen schon zwei Jahre im Voraus. Mit der Zeit hat sich für die Kulturreisen der Urania ein Stammpublikum gefunden, das die Geschäftsführerin Karin Flegel als sehr anspruchsvoll bezeichnet. Zumeist älter und entsprechend vorgebildet. Ein Publikum, das Erwartungen hat. Und so seien die Reisen und die damit verbundenen Vorbereitungen Genuss und Last zugleich, so Karin Flegel.
Axel Blum setzt sich seit Jahren schon mit Hingabe dieser Verbindung von „Genuss und Last“ aus, plant die Exkursionen mit und begleitet sie zum Teil. „Es gibt kein Thema, das wir nicht haben“, sagt Blum in seiner ruhigen Art. Und dann berichtet er von der Balkanreise im vergangenen Jahr. Zwei Wochen dauerte die Bustour über den südwestlichen Balkan. Ljubljana, Sloweniens Hauptstadt mit ihren bemerkenswerten Bauten von Barock bis Jugendstil, Dubrovnik, Kroatiens einzigartige mittelalterliche Stadt an der Adria mit ihrer unvergleichlichen begehbaren Stadtmauer, das zauberhafte montenegrinische Inselchen Sveti Stefan am Südende der Riviera von Budra. Blum, eher der nüchterne Typ, gerät ins Schwärmen. „Das muss man einfach zeigen“, sagt er mit Bestimmung. Und so wird für das nächste Jahr eine weitere Tour geplant, die über den südöstlichen Balkan führen soll. Denn das ist das Motto in der Urania: Jedes Jahr neue Touren, immer wieder etwas Neues finden und bloß keine Routine aufkommen lassen. Themen gibt es genug.
„Fontane sind wir schon in ganz Europa nachgereist“, sagt Axel Blum. Im April geht es bei einer literarischen Reise von der Seine bis an die Küste der Normandie auf den Spuren von Balzac und Zola. Neben Axel Blum wird die Kunsthistorikerin Armelle Villepelet diese Reise begleiten. Die Französin, Trägerin des von der Urania jährlich vergebenen Förster-Preises, ist ein Garant für anspruchsvolle und gleichzeitig unterhaltsame Kulturtouren. Und so waren Karin Flegel und Axel Blum auch nicht verwundert, dass diese Reise auf den Spuren von Balzac und Zola als eine der ersten im Programm ausgebucht war.
Deutsche Geschichte, historische Fürstentümer, preußische Geschichte, Blum zählt nur ein paar wenige der Reisethemen auf. Die angebotenen Exkursionen reichen von Tagestouren bis hin zu mehrwöchigen Reisen. Und weil die Urania bei ihren Angeboten auch immer die Kultur in Potsdam im Blick hat, gehört in diesem Jahr eine Reise nach Ostpreußen auf den Spuren der Jubilarin Königin Luise genauso zum Programm wie im vergangenen eine Reise auf den Spuren von Karl August Freiherr von Hardenberg, dem das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte eine große Ausstellung gewidmet hatte.
Auch wenn die von der Urania angebotenen Kulturreise ihren Preis haben, das Angebot ist vielfältiger, oft anspruchsvoller und immer persönlicher als das von zahlreichen Reiseunternehmen. Und wenn auch Vorbereitung und Durchführung bei Karin Flegel, Axel Blum und den anderen Mitarbeitern viel Zeit und Kräften kosten, oft die Last größer ist als der Genuss, der Einsatz lohnt sich Jahr für Jahr. Denn auch wenn das Publikum danach erschöpft ist, dankbar ist es immer.
Weitere Informationen bei der Urania „Wilhelm Förster“ Potsdam e.V., Gutenbergstr. 71/72 oder im Internet unter www.urania-potsdam.de
Dirk Becker
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