zum Hauptinhalt
Politisch korrekt? Aber doch nicht mit Ingmar Stadelmann.

©  Oliver Dietrich

Kultur: Gern auch über die Stränge schlagen Ingmar Stadelmann humorvoll im Waschhaus

Man hatte so ein bisschen Blödsinn erwartet, Stand-Up-Comedy, die niemandem so richtig wehtut, ein wenig samstagabendliches Kalauerentertainment. Aber für so kurzwellige Unterhaltung ist sich Ingmar Stadelmann dann doch zu schade: „Guido Westerwelle sitzt mit seinem Sohn in einer Sauna“, sagt Stadelmann und wartet auf eine Reaktion.

Stand:

Man hatte so ein bisschen Blödsinn erwartet, Stand-Up-Comedy, die niemandem so richtig wehtut, ein wenig samstagabendliches Kalauerentertainment. Aber für so kurzwellige Unterhaltung ist sich Ingmar Stadelmann dann doch zu schade: „Guido Westerwelle sitzt mit seinem Sohn in einer Sauna“, sagt Stadelmann und wartet auf eine Reaktion. Wartet. Grinst. „Das ist das Level, auf dem wir uns heute Abend bewegen!“ Und damit ist Stadelmann authentisch; er muss sich nicht mit der Brechstange profilieren, und politisches Kabarett ist eigentlich unnötig, das sollen die anderen beackern. Stadelmann lotet die Grenzen des Humors aus, er geht weit, viel weiter als sich manch anderer trauen würde. Und das ist sein Alleinstellungsmerkmal: eine ausgeprägte Beobachtungsgabe, kombiniert mit dem Mut, sich auf sich selbst zu beziehen.

Stadelmann ist ein helles Köpfchen mit einer erschlagend sympathischen Ausstrahlung. Das mag auf den ersten Blick nichts Besonderes sein, ist aber für sein Mitteilungsbedürfnis ausschlaggebend – man verzeiht es ihm nämlich allzu gern, wenn er über die Stränge schlägt. Was man bei jedem anderen mit einem Kopfschütteln quittieren würde, lässt man bei Stadelmann durchgehen: Und lacht darüber. Dabei erfindet er das Rad gar nicht neu, er ist eben eine typische Berliner Kodderschnauze mit ausgeprägtem Mitteilungsbedürfnis. Und er darf sich ebenso herzlich über die städtischen Marotten aufregen: „Ein Marathon durch Berlin? Wir haben doch eine U-Bahn!“ Na klar, Berlin, Marathon und die U-Bahn, jeder macht sich darüber lustig – aber bei Stadelmann lacht man dennoch, während man sonst weghören würde: „Selbst als die Mauer noch stand, waren wir schneller drüben!“ Haha, ja, genau!

Das Schönste an Stadelmann ist aber seine Aushebelung der Political Correctness, damit ja nichts schmerzfrei abläuft. Er ist einer der Wenigen, die gern verletzen und den Finger danach in die Wunde legen. Sicherlich gehört schon Mut dazu, aber die deutsche Comedylandschaft ist in ihrer breiten Wirksamkeit so harmlos, dass man sich aus einer fast angstvollen Perspektive heraus verpflichtet fühlt, dieses humoristische Vakuum durch Stadelmann zu ersetzen. Das war auch im Waschhaus nicht anders: Drohten die Anwesenden in ihrer eigenen Verkrampftheit zu stranden, kitzelte Stadelmann immer wieder den Konflikt hervor: Veganer und Katholiken in einem Satz? Kein Problem! Mario Barth und Adolf Hitler? Aber sicher doch. Den Berliner Soziolekt mit „Kastelruther Spasten“ durch den Kakao zu ziehen? Auch das meistert Stadelmann souverän. „Eine Terrorwarnung für Berlin ist doch wie Karneval in Hannover“, ulkte Stadelmann. Und wenn wir doch gerade beim Berlin-Bezug sind: Kam auch ein Witz über das ausgekaute Thema Wowereit und der Flughafen? „Ich wollte einen Witz darüber machen, aber er ist nicht rechtzeitig fertig geworden.“ Hey, der war zwar vergleichsweise harmlos, aber nicht schlecht!

Gibt es trotzdem humoristische Grenzen für Stadelmann? Er wolle die Menschen dahin führen, wo sie noch nicht gelacht haben. Das funktioniert eben auch am besten, wenn man sich selbst auf die Schippe nimmt, weshalb viele Pointen auf ihn selbst rekurrieren. Er wolle wolle auch nicht auf ein 50-Plus-Publikum abzielen, meint er. Und er spiele zu gerne mit Klischees, da ist das Anecken schon mal wichtig. Es gibt einen Witz in seinem Programm, in dem es um ein somalisches Restaurant geht: Und genau dieser Witz ist das Herunterbrechen auf ein Klischee, entstanden aus einer Sprachlosigkeit, da es natürlich keine somalischen Restaurants gibt. „Für diesen Witz bin ich gehasst worden“, sagt Stadelmann. Dabei gehe es gar nicht um das Was, sondern um das Wie. Natürlich möchte er sich gerade damit vom Mainstream abgrenzen, genau wie sein Kollege und Freund Oliver Polak, der in seinem Programm jüdische Klischees durch den Kakao zieht. „Oliver Polak und ich haben Auftrittsverbot beim Kölner Comedy Festival.“ Stadelmann grinst schon wieder. „Das ist doch irgendwie eine Auszeichnung!“ Oliver Dietrich

Oliver Dietrich

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })