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Interview mit dem Kurator: Geschickte Heiratspolitik

Jirí Fajt, Kunsthistoriker und Kurator der Ausstellung „Europa Jagellonica“ über die Jagiellonen und deren Bedeutung für Brandenburg.

Herr Fajt, wer waren die Jagiellonen?

Bei den Jagiellonen handelt sich um eine litauisch-polnische Dynastie, die ab 1386 den polnischen Thron innehatte. Wladislaw II. Jagiello heiratete 1386 Hedwig von Anjou, die Erbin Polens, zog nach Krakau, ließ sich dort nach dem römisch-katholischen Ritus taufen und wurde zum König gekrönt. Er gilt als Urvater dieser Dynastie, die bis 1572 weite Teile in Mitteleuropa regierte. Mit den Königreichen Polen-Litauen, Böhmen, Ungarn und Kroatien herrschten die Jagiellonen vom Baltikum bis zur Adria und von Böhmen bis zum Schwarzen Meer. Das war damals eines der größten europäischen Herrschaftsgebiete überhaupt.

Die Jagiellonen sind in Deutschland wohl nur Experten bekannt. Wollen Sie mit der Ausstellung „Europa Jagellonica“ zu einer Entdeckung dieser auch für Brandenburg bedeutenden Dynastie einladen?

Das auch. Vor allem aber wollen wir zeigen, dass die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den einzelnen Mitgliedern dieser Dynastie, die in Wilna, Krakau oder Prag regiert haben, sich auch in der Kunst und Kultur widerspiegeln. Sie haben sich selbstverständlich Künstler empfohlen. Und so zeigt sich, dass die Jagiellonen sich nicht nur auf Regionales beschränkt haben, sondern auch kulturell und künstlerisch am Hof das repräsentierten, was im 15. Jahrhundert stilprägend war. Sie waren Förderer der Bildung und haben in einer Zeit, in der die verschiedenen Konfessionen einander bekämpften, die unterschiedlichen Konfessionen nebeneinander existieren lassen. Die konfessionelle Toleranz war etwas, was diese Dynastie prägte.

Worin besteht die Bedeutung der Politik der Jagiellonen für Brandenburg?

Die liegt in der Heiratspolitik über die weibliche Linie begründet, denn die jagiellonischen Prinzessinnen wurden in zwei Generationen mit Hohenzollern vermählt. Das ist die Verbindung nach Brandenburg. Die erste Prinzessin war Sofie, die Friedrich den Älteren heiratete. In der zweiten Generation war es Hedwig die Jüngere, die Joachim II. hier in Brandenburg heiratete. Diese Heiratspolitik beförderte auch die Entstehung des weltlichen Herzogtums Preußen. Denn die beruht auf einer Belehnungsurkunde aus dem Jahr 1525, die von Sigismund I. dem Alten, dem polnischen König, für Albrecht von Hohenzollern ausgestellt wurde. Er war der letzte Großmeister des deutschen Ordens. Er hat den Orden säkularisiert und hat die Deutschordensgebiete als Lehen vom polnischen König bekommen. Dadurch entsteht eigentlich das Herzogtum Preußen. Das ist ganz wichtig. Wir stellen in der Ausstellung diese Urkunde auch aus.

Etwas zugespitzt formuliert: Resultiert Preußen vor allem aus der Heiratspolitik der Jagiellonen?

Zum Teil spielte das schon eine große Rolle. Es war ein wichtiger Aspekt, aber man kann nicht sagen, dass nur die verwandtschaftlichen Beziehungen dazu geführt haben.

Das Gespräch führte Dirk Becker

Jirí Fajt, geb. 1960 in Prag, ist promovierter Kunsthistoriker und Leitender Kurator der Ausstellung „Europa Jagellonica“. Er forscht an der Universität Leipzig zur Kultur Ostmitteleuropas.

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