Zu den beliebtesten Kernliedern des evangelischen Gottesdienstes gehört das Lied des französischen Musiklehrers und Sängers Claude Frayssee: „Ich lobe meinen Gott von ganzem Herzen“. Dieses so frische Lied aus dem Jahre 1976 hat sich längst durchgesetzt, sodass es auch im Evangelischen Kirchengesangbuch Aufnahme gefunden hat.
Monica Melcova, gebürtige Slowakin und heute an der Universität der spanischen Stadt San Sebastian Improvisation lehrend, hat sich in ihrem Konzert innerhalb des diesjährigen Internationalen Orgelsommers Potsdam dieser Vertonung des 9. Psalms angenommen. Sie improvisierte darüber an der Woehl-Orgel der Friedenskirche Sanssouci. Fleißige Gottesdienstbesucher könnten das Lied aus der phänomenalen und dichten Übersteigerung Monica Melcovas herausgehört haben. Die Woehl-Orgel erwies sich mit ihren mehr als 50 Registern als ein unerschöpfliches Reservoire. Der Organistin Technik scheint unbegrenzt, so tupfte, raste sie akkordbildend und im Laufwerk über die Tasten. Immer wieder setzte sie zu einem neuen klanglichen Gipfelsturm an. Ließ das Melodische links liegen oder ließ es fein durchschimmern. Subbass, das 16-füßige Fagott, Prinzipale, – Streicher, Blech und Hölzer – alles wurde von Herzen in Bewegung gesetzt, um das große Loblied zu intonieren.
Einer der bedeutenden Orgel-Imrovisatoren ist der 1947 geborene holländische Kirchenmusiker Bert Matter. Von ihm stellte Monica Melcova die Fantasie über den 450 Jahre alten Choral „Von Gott will ich nicht lassen“ vor. Matter selbst ist in unseren Breiten ein nahezu unbekannter Komponist. Und somit war die Aufführung seines Werkes, bei dem besonders die Kraft der thematischen Entwicklung faszinierte, auch ein gewinnbringendes Kennenlernen. Monica Melcova spürte dieser mit satztechnischen Finessen ausgestatteten Fantasie subtil nach und konnte damit eine teilweise mitreißende Interpretation erreichen.
Der französische Spätromantiker und Orgelsinfoniker Louis Vierne stand ebenfalls auf dem Programm des Konzerts, mit der Fantasie „Claire de lune“. Ab 1900 versah Vierne bis zu seinem Tod 1937 das Amt des Organisten an der Kathedrale Notre-Dame in Paris. Dort starb er während eines Konzerts, am Spieltisch vom Gehirnschlag getroffen. Die Woehl-Orgel ist bekanntlich prädestiniert für sinfonische Werke vor allem französischer Herkunft. Monica Melcova wählte kein Stück, das mit großer Klangfülle und pathetischer Schlusssteigerung aufwartete, sondern eines, das eher still, mit pastellenen Farben ausgestattet und eher durchsichtig ist. Somit waren wabernde Klangwolken, die man hin und wieder bei Vierne-Interpretationen hört, ausgeschlossen. Mit der wunderbaren Klarheit, wie Melcova die Fantasie spielte, hat sie zugleich eine unmissverständliche Deutlichkeit geschaffen. Auch Barock-Meister gehörten zum Orgelsommer-Konzert. Mit der Suite im V. Ton des Franzosen Jacques Boyvin lernte man ein erhaben-festliches Werk kennen, das durch eine durchdachte Registrierung sehr für sich einnahm. Und natürlich gab es Johann Sebastian Bach: Präludium und Fuge c-Moll BWV 546. Monica Melcova wählte hierfür ein ebenmäßiges Spiel, das trotz klanglicher Dichte nie überladen wirkte. Die Zuhörer in der Friedenskirche dankten der Organistin für ein anregendes Konzert mit sehr herzlichem Beifall. Klaus Büstrin
Nächstes Konzert des Orgelsommers am 7. August, 19.30 Uhr, Erlöserkirche. An der Schuke-Orgel: Jean-Luce Salique
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