Kultur: Gisbert Näther schrieb für das Jubiläum eine Suite Potsdamer Orchesterwoche wird 30 Jahre alt
Von Klaus Büstrin Anfang des Jahres wird überlegt, welche Kompositionen in der Orchesterwoche einstudiert und in den Konzerten aufgeführt werden. Für einen Klangkörper, der sich größtenteils aus Amateuren zusammensetzt, müssen die Werke nach wenigen Proben zu bewältigen sein.
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Von Klaus Büstrin Anfang des Jahres wird überlegt, welche Kompositionen in der Orchesterwoche einstudiert und in den Konzerten aufgeführt werden. Für einen Klangkörper, der sich größtenteils aus Amateuren zusammensetzt, müssen die Werke nach wenigen Proben zu bewältigen sein. Selbstverständlich werden jedem Musiker, der an der Projektwoche teilnimmt, die Noten mehrere Wochen vorher zugeschickt, damit er sie in seinen eigenen vier Wänden erarbeiten kann. Doch bei der ersten gemeinsamen Probe kommt dann oftmals ein erstauntes Erwachen. Dann ist Kantor Dietrich Schönherrs dirigentisches Organisationswissen gefragt. Denn alle Stimmen in einer Partitur müssen schließlich zu einer Einheit finden. Wenn dies dann gemeinsam mit dem Dirigenten gelungen ist, setzt man sich künstlerisch mit dem Werk auseinander. Dies wiederholt sich nun schon seit 30 Jahren. Natürlich ist diese oder jene Komposition schneller zu erfassen, als die andere. Aber auch die Begegnung mit einem etwas komplizierten Werk macht den Mitgliedern der Projektwoche Spaß. Doch es sollte überschaubar sein, denn die Partituren möchten von Laien bewältigt werden. Zeitgenössische Musik ebenfalls, denn manche wird wegen recht ungewohnter Harmonien nur mit „spitzen Fingern“ angefasst. Dietrich Schönherr weiß bestens Bescheid, welche Anforderungen er an ein Laienorchester stellen kann. Und so bat der Dirigent Gisbert Näther, ein Werk für das diesjährige Jubiläum zu schreiben, denn der Potsdamer vermag auch spielbare Musik für ein Liebhaberorchester zu komponieren. Das Kirchenlied „Singet dem Herrn ein neues Lied“ von Rolf Schweitzer nahm Näther als Basis für seine Orchestersuite. Den Instrumenten, ob Soli oder Gruppen, werden anspruchsvolle Aufgaben gegeben. Näther, so konnte man es bei der gestrigen Probe hören, hat eine Musik geschrieben, die oftmals romantische Assoziationen weckt. Auf alle Fälle waren die Orchesterwoche-Mitglieder mit hörbarer Freude bei der Aneignung der Näther“schen Musik, der nicht das erste Mal für sie geschrieben hat. Heute wird man das Erarbeitete erstmals in der Gutsscheune von Paretz vorstellen. Es folgen vier weitere Konzerte in der näheren Umgebung. Morgen geht es in die Klosterkirche von Lehnin, am Freitag musiziert das Orchester „zu Hause“, in der Inselkirche von Hermannswerder (18 Uhr), am Sonnabend geht die Reise nach Finsterwalde und am kommenden Sonntag findet das Abschlusskonzert traditionell in der Friedenskirche Sanssouci (16 Uhr) statt. Neben der Näther-Suite musizieren Schönherr und das Orchester die Akademische Festouvertüre von Johannes Brahms, die Sinfonie in h-Moll „Die Unvollendete“ von Franz Schubert sowie die Begleitung von zwei Sopran-Arien aus Joseph Haydns Oratorium „Die Schöpfung“. Als Solistin konnte Ada Belidis gewonnen werden. Ein großes Repertoire an Orchesterliteratur hat sich so manches Mitglied im Laufe der Jahre erarbeiten können und kennengelernt. Zwei Musiker sind sogar von Anfang an dabei, seit 1975: ein Cellist aus Sonneberg und ein Bratscher aus Halle. Aus den verschiedensten deutschen Gegenden kommen die Instrumentalisten. In manchen Jahren war die Besetzung sogar international. 2005 sitzen mehr als 50 Musiker hinter den Notenpulten, von denen aber nur einer die Profession eines Berufsmusikers ausübt: Christian Küstermann. Am Theaterorchester Gera ist er als Geiger engagiert. Hier auf Hermannswerder ist er die ersten Orchesterschritte gegangen. Ansonsten sind die Orchesterwochen-Mitglieder in unterschiedlichsten Berufen tätig, als Musikpädagogen, Ärzte, Apotheker u.a. Manche studieren noch, andere haben schon das Rentenalter erreicht. Und alle warten jedes Jahr auf den Monat Juli, wenn wieder zur Potsdamer Orchesterwoche, die längst ein eingeschriebener Verein ist, eingeladen wird. Die Hoffbauer-Stiftung ist ihnen dabei eine gute Partnerin. In der Aula des Gymnasiums kann geprobt werden. Und für die Mahlzeiten, das Feiern und Schlafen stehen ebenfalls Räume der Stiftung zur Verfügung. Nicht nur im Sommer musiziert man gemeinsam, auch wenn Kantor Dietrich Schönherr zum Mitwirken bei Oratorienaufführungen der Inselchöre einlädt, ist man dabei. Aus dem großen Klangkörper haben sich ein Bläserensemble und das Kammerorchester Hermannswerder herausgebildet. Dietrich Schönherrs Initiative und fortwährendes Engagement hat viele gute Früchte getragen. Die Kreativität, mit der er Amateure immer wieder zum fröhlichen und qualitätsvollen Musizieren animiert, ist ansteckend. Das Publikum belohnt dies stets mit Dankbarkeit.
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