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Kultur: Glanzvoll bis fantasielos

Elzbieta Karolak an der Schuke-Orgel in der Erlöserkirche

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Für gewöhnlich gliedert sich das Programm für eine Orgelstunde gleichsam in einen Pflichtteil, bestritten durch barockes Repertoire, und in eine Kür. Vor allem in dieser kann der Vortragende eigenen Vorlieben frönen: Modernes zwecks Horizonterweiterung der Hörgemeinde nahebringen, in Romantik schwelgen und – so er aus dem Ausland kommt – nationales Notengut vorstellen. Fast von allem etwas hatte die polnische Organistin Elzbieta Karolak für ihren Orgelsommer-Auftritt am Mittwoch in der Erlöserkirche im Reisegepäck. In Posen hat Elzbieta Karolak studiert und ihr vielfältiges künstlerisches Zentrum. Seit 22 Jahren ist sie Professorin an der Staatlichen Musikhochschule, spielt gern alte Musik auf historischen Instrumenten, ist willkommener Gast auf polnischen und weiteren europäischen Orgelfestivals. Nun also Potsdam.

Das Pflichtprogramm beginnt sie mit dem g-Moll-Präludium BuxWV von Dietrich Buxtehude, jenem Hauptvertreter der norddeutschen Orgelschule also, der jahrzehntelang in Lübeck wirkte. Um ihn zu hören und von ihm zu lernen, begibt sich Johann Sebastian Bach 1725 zu Fuß von Arnstadt gen Norden. In dem Stück paart sich reich figuriertes Klangrauschen im Diskant mit schnarrendem, gravitätisch schreitendem Pedalsolo. Schlicht und innig breitet die Organistin die nachfolgende besinnliche Melodie aus, die durch den Einsatz des Tremulanten eine schöne schwebende Leichtigkeit erfährt. Erneuter Stimmungswechsel hin zu trompetenähnlichen Einwürfen, zu festlichem Glanz im vollen Orgelwerk. Die Verwendung dieses Mixtur-Menüs verleiht auch dem Entree zur „Suite im 2. Ton“ des französischen Barockkomponisten Louis-Nicolas Clerambault zu klangprächtiger Wirkung. In den nachfolgenden verspielten Tanzsätzen sorgen solistisch verwendete Zungenpfeifenregister wie Krummhorn, Nasat, Flöte oder Trompete für eine perlende, trillerreiche, geradezu cembalonahe Leichtigkeit. Farbenreich und fantasievoll geht Elzbieta Karolak zu Werk, das ohne allen sakralen Ernst daherkommt.

Den sucht sie mit Johann Sebastian Bach zu beschwören. Dessen Präludium und Fuge in h-Moll BWV 544 und Choralvorspiel „Komm, Gott Schöpfer, Heiliger Geist“ BWV 667 verordnet sie eine volltönende, im einheitlichen Metrum und stupider Registrierung lust- und fantasielos einherschreitende Wiedergabe. Eine weitgehende undifferenzierte Betrachtungsweise. Übrigens: Ihr Management der Pausen zwischen den Stücken und ihren Sätzen dürfte durchaus noch verbesserungswürdiger ausfallen, um das weniger sachkundige Publikum nicht in die Irre zu leiten. Mit dem festlichen und erhabenen, vor kompositorischen Einfällen nicht gerade strotzenden „Preludio festivo“ aus der 7. Orgelsinfonie „Disputa“ des Wagner- und Bruch-Epigonen Feliks Nowowiejski kommt ein nicht gerade überwältigender Gruß aus der polnischen Heimat der Künstlerin. In der viersätzigen „Sonata per organo“ kann der Filmmusikkomponist Nino Rota sein ureigenstes Metier nicht verleugnen: leichtfüßig und unterhaltsam, voller assoziationsreicher Stimmungsmalereien. Mit gedanklichen Tiefsinn erklingt schließlich Felix Mendelssohn Bartholdys D-Dur-Sonate op. 65 Nr.5: erhaben, glanzvoll und einfallslos phrasiert. Freundlicher Beifall nach anderthalb Orgelstunden. Peter Buske

Peter Buske

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