Er wohnt im Himmel oder tief unten im Meer. Alle Wolken, Stürme und Regen sind ihm Untertan. Sein Tod bedeutet Unglück. Der Drache ist ein Glücksbringer: jedenfalls in Asien. In unseren europäischen Gefilden kennen wir ihn hingegen als Feuer speiendes Ungetüm, dessen Köpfe man am besten abschlägt. Nur so kann der Hüter von Schätzen heldenhaft besiegt werden.
Die so verschiedenartigen Drachenbilder brachten Heike Isenmann auf die Idee, tiefer in die Welt dieser Sagengestalt einzutauchen und zu erkunden, warum sie so konträre Wege in der Betrachtung genommen hat. Gemeinsam mit dem Theater Nadi veranstaltet sie in ihrer Atelier- und Zeichenschule „Kunstgriff.23“ im August eine Ferienwerkstatt.
Die Fotografin und Grafikerin weiß, dass Eltern in den Ferien für eine Entlastung bei der Betreuung ihrer Kinder dankbar sind. Schon im vergangenen Jahr hat sie mit einer Illustrations- und Schreibwerkstatt Kindern ein spannendes Ferienerlebnis bereitet. Nun also sollen Drachen den Sommerkurs anführen und mit Kindern „gefüllt“ beim Europafest am 25. August um den Stadtkanal spazieren.
Heike Isenmann erinnert sich noch sehr gut an ihre eigenen aufwühlenden Drachenerlebnisse. „Mein Vater las uns immer am Sonntagmorgen im Bett aus dem Nibelungenlied vor.“ Und natürlich prägte sich die Stelle besonders ein, als Siegfried im Blut des Drachens badete, um unverwundbar zu sein. Was jedoch nicht ganz glückte, weil sich auf eine Stelle seines Rückens ein Lindenblatt legte.
Für die Japanerin Noriko Seki vom Theater Nadi war es vor allem die schillernde Gestalt des Drachens, die sie faszinierte. Schließlich besteht er aus neun verschiedenen Tieren: die Hörner hat er vom Reh, den Kopf vom Kamel, die Augen vom Hasen ... Und so spann sich der Faden der Drachenbegeisterung immer weiter, bis das Projekt konkrete Formen annahm und 4000 Euro vom Kulturamt das Ganze untermauerten. Heike Isenmann holte das Filmmuseum mit ins Boot, wo eine Woche vor der Werkstatt „Die unendliche Geschichte“ mit Glückdrache Fuchur als Einstimmung gezeigt wird. Gemeinsam mit Restaurator Andreas Liebe geht es dann an die Drachenorte Potsdams: in den Innenhof des Marmorpalais, wo Wandmalereien das Nibelungenlied bildlich werden lassen und zum Drachenhaus auf dem Klausberg, wo sich die Zauberwesen ganz goldig präsentieren. „In Anlehnung an diese Plätze erzählen und lesen wir Geschichten. Die Kinder können dann ihre eigene Drachenfantasien ausleben: malend, zeichnend, gestaltend.“ Die Dresdner Künstlerin Silke Schneider wird dabei helfen, dass die Arbeiten auch plastisch werden: sich zu Masken und Kostümen formen. Von dem Tänzer und Pantomimen Steffen Findeisen angeleitet, können die Kinder in die selbstgefertigten Requisten schlüpfen und ein eigenes Drachenleben führen. Ihr Umzug am Stadtkanal wird zeigen, dass der Drache durchaus ein anderes Gesicht hat als böse Teufel. Heidi Jäger
Ferienwerkstatt, C. v. Ossietzky-Str. 23, vom 14. bis 18. August, 9.30 bis 15 Uhr, für Kinder von 7 bis 16 Jahre, 75 €, inclusive Material, zuzüglich 20 € Essengeld. Anmeldung Tel. 0331-5053735.
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