Von Klaus Büstrin: Glückserlebnis Singen
Gabriele Tschache begeistert immer wieder mehrere Potsdamer Generationen für den Chorgesang
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In den Zauber von Weihnachten lassen wir uns trotz Zögern und Widerspruchs immer wieder hineinnehmen. „Mach was du willst“, meinte Martin Walser, „am Ende machst du doch mit.“ Und geben wir es zu, bisweilen sogar von Herzen. Die Patienten in den Krankenhäusern sind in diesen Tagen jedoch oftmals weit entfernt vom Feiern. Mit Sehnsucht denkt mancher an fröhlichere Weihnachten zurück.
Im Klinikum „Ernst von Bergmann“ sind einen Tag vor dem Heiligen Abend mehr als zehn junge Damen unterwegs, um Freude zu bringen. Sie entpuppen sich als leibhaftige Engel. „Es müssen nicht immer Männer mit Flügeln sein“, heißt es in einem Gedicht. Diese Engel sind Mitglieder des Jungen Vocalensembles Potsdam. Und als solche ist das Singen ihre Passion. Seit vielen Jahren wird das Vocalensemble vom Klinikum eingeladen, die Weihnachtsvisite mit Liedern zu begleiten. Und wer von der knappen Zeit gut zwei Stunden entbehren kann, ist selbstverständlich auf den Stationen mit unterwegs, um zu singen. Das Singen soll in erster Linie ein Glückserlebnis bringen und für sich selbst ein Gewinn sein. Das ist auch die Devise der künstlerischen Leiterin Gabriele Tschache. Sie hat es zeitlebens selbst erfahren: im Kinderchor der Komischen Oper Berlin, während des Studiums sowie als Leiterin mehrerer Chöre.
Gabriele Tschache hat einige Generationen von Potsdamern und darüber hinaus das Singen und seinen Zauber nahe gebracht. Die meisten Mädchen vom Vocalensemble – zwischen 16 und 27 Jahre alt – kennen sie, als sie noch Kinder waren. Denn schließlich leitete Gabriele Tschache von 1972 bis 2000 die Kinderchorarbeit der Singakademie Potsdam. Das waren der Spatzenchor, der Kinder- und Jugendchor sowie der Jugendkammerchor. Sie führte die Gruppen zu einem hohen Niveau. Dazu brachte sie, wie es in einer Würdigung heißt, künstlerisches Geschick, Durchsetzungsvermögen, Einfallsreichtum, mütterlichen Charme und viel Energie mit. Der mit Recht beklagten Singabstinenz von Kindern hat sie immer versucht entgegen zu treten.
Die von ihr geleiteten Chöre wurden zu internationalen Festivals und Wettbewerben eingeladen. Eine besondere Auszeichnung war der 3. Preis beim Deutschen Chorwettbewerb 1998 in Regensburg. Doch nach 28 Jahren gab Gabriele Tschache die Arbeit bei der Singakademie auf. Sie stellte fest: Ein Wechsel in der Leitung tut den Chören auch mal gut. Aber dass die jungen Sängerinnen mit ihr weiter arbeiten wollten, spürte sie, als einige von ihnen gemeinsam mit ihr einen klingenden Geburtstagsgruß für den ehemaligen Dirigenten des Landespolizeiorchesters, Peter Brünsing, überbrachten. Auch hierbei wich Gabriele Tschache nicht von ihrem hohen künstlerischen Anspruch ab. Das wussten alle. Schon seit acht Jahren sind sie nun im Jungen Vocalensemble vereint, äußerst erfolgreich. Wenn der Chor auftritt, kann der Hörer sich auf ein Glückserlebnis verlassen, denn die 21 Damen singen die oftmals schwierige Chorliteratur mit Intonationsreinheit, Ausdruckskraft und feiner Souveränität.
Gabriele Tschache brennt für die Chorarbeit. Fast 32 Jahre lang hat sie in der Musiklehrerausbildung zunächst an der Pädagogischen Hochschule und dann an der Universität Potsdam Studenten für das chorische Singen begeistert. Als 1990 das Musikinstitut der Uni nach Golm zog, nahm sie Kontakt zur Kirchengemeinde auf. Unter ihrer Leitung sangen und musizierten Studierende in dem Gotteshaus. 2002 produzierten sie sogar eine CD, die den Titel „Ein musikalischer Sommerabend in Golm“ trägt. Sie war eine hilfreiche Werbung für den Wiederaufbau des 1945 zerstörten Kirchturms. Seit mehr als einem Jahr leitet Gabriele Tschache den Seniorenchor der Volkssolidarität Babelsberg, der nach dem Tode von Manfred Pagels „herrenlos“ war. Gabriele Tschache hat den Chor, man vernahm es beim jüngsten Weihnachtskonzert, ein hörenswertes Niveau gegeben. Bei all ihren musikalischen Unternehmungen wird sie von ihrem Mann, Reinhard Tschache, unterstützt. Er begleitet die Chöre am Klavier oder bearbeitet und komponiert Chorsätze.
Gabriele Tschache und das Junge Vocalensemble haben im Klinikum wieder Freude verbreitet. Und vielleicht kam so manchem Patienten das alte Weihnachtslied: „Hört der Engel helle Lieder“ in Erinnerung.
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