zum Hauptinhalt

Kultur: Gold und Glanz der Galawagen

Ab September zeigt die Schlösserstiftung alte Kutschen, Sänften und Schlitten in Paretz

Stand:

Seit Ende der 90er Jahre sucht die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten nach einer Möglichkeit, ihre Sammlung historischer Kutschen, Schlitten und Sänften dem Publikum zu präsentieren. Nun ist sie gefunden: Ein „Kutschenmuseum“ wird Anfang September im rechten, früher als Remise und Scheune genutzten Seitenflügel von Schloss Paretz eröffnet, dessen Sanierung im Juli abgeschlossen wurde. Zur Kuratorin der Ausstellung wurde Claudia Meckel bestellt, die Stiftungskustodin für die Metallsammlung und sonstiges Kunstgut. Mit ihr führten die PNN das folgende Interview.

Auf das Kutschenmuseum haben die Interessenten schon lange gewartet. Nun ist dafür überraschend schnell eine Lösung gefunden worden.

Nachdem wir Jahre vergeblich auf Raumsuche waren, so den Potsdamer Kutschstall und den Marstall in Berlin-Charlottenburg ins Auge gefasst hatten, fiel die Entscheidung durch die Generaldirektion in der Tat recht kurzfristig. Das ist mir willkommen, bietet die ohnehin für Ausstellungen vorgesehene Scheune/Remise in Paretz doch gute Möglichkeiten der Präsentation.

Von dem hunderte Wagen umfassenden Fuhrpark der Königs- und Kaiserzeit ist allerdings wenig geblieben.

1802 besaß der königliche Fuhrpark 170 Kutschen, jedoch fehlten bereits damals fast alle barocken Staatskarossen, während von den 36 prunkvollen Schlitten aus dieser Zeit der größte Teil erhalten blieb. Ein Jahrhundert später standen im Berliner Marstall am Schlossplatz, dessen Galawagenhallen einschließlich einer „historischen Abteilung“ dem Publikum geöffnet wurden, nicht weniger als 400 Gefährte. Später war ein Teil davon im Hohenzollernmuseum zu sehen. Durch Verkauf, Verfall, schon bis in den Siebenjährigen Krieg zurückreichende Plünderungen und mangelnde Pflege ist der größte Teil verloren gegangen. Beispielsweise haben die sowjetischen Soldaten, man muss es leider sagen, 1945 im Siegesübermut die im Park Babelsberg eingelagerten Kutschen schwer beschädigt. Von den zehn Prunkschlitten wurden hier bis auf zwei anscheinend alle zerstört.

Dennoch reicht der verbliebene Bestand für ein Kutschenmuseum offensichtlich aus.

Wir können zahlreiche traumhaft schöne historische Gefährte zeigen. Dazu zählen der zwischen 1690 und 1695 angefertigte, mit goldbraunem Samt ausgeschlagene, durch Kurhut und brandenburgischem Adler gezierte Wagen für den späteren König Friedrich Wilhelm I., die älteste Kinderkutsche Europas. Außerdem eine von einem Baldachin überdachte Kalesche, in der sich Friedrich der Große durch den Park Sanssouci kutschieren ließ. Er wurde als „grüner Gartenwagen“ 1764 von dem Berliner Hofsattler Friedrich Wilhelm Henkel angefertigt und kostete den König 389 Reichsthaler. Aus der Mitte des 18. Jahrhunderts stammt das einzige erhaltene Rokoko-Galacoupé mit reicher Ornamentik im plastischen Schmuck. Zu den vier ausgestellten Schlitten gehören die letzten zwei aus königlichem Besitz. Ebenso zeigen wir vier Sänften, darunter ein 1708 für Sophie Luise, die dritte Gemahlin Friedrichs I., angefertigtes Prunkstück mit kostbaren Goldstickereien und Beschlägen. In solchen Sänften wurden die frisch angetrauten Königsgattinen in der Hochzeitsnacht ins Schlafgemach getragen.

Viel Gold und Glanz also im Kutschenmuseum.

Ja, aber nicht ausschließlich. Wir haben uns entschlossen, Arbeitswagen in die Ausstellung einzubeziehen. Dazu gehören zwei historische Orangeriewagen zum Kübelpflanzentransport und eine Feuerspritze aus dem Jahr1763. Eine besondere Attraktion ist ein sieben Meter langer Steintransportwagen, wie er beim Bau der Schlösser eingesetzt wurde. Seine für August vorgesehene Überführung aus dem Schirrhof nach Paretz wird sicher eine spannende Aktion auch für die Öffentlichkeit werden.

Die beiden „Highlights“ der Sammlung haben Sie allerdings nicht genannt, die als Staatswagen Friedrichs des Großen genutzte Berline aus dem Jahr 1785 und den so genannten „Goldenen Krönungswagen“, den Friedrich Wilhelm II. 1789 von den Straßburger Wagenbauern Ginzrot anfertigen ließ.

Beide können vorerst nur in Abbildungen und Texten vorgestellt werden. Am „Krönungswagen“ soll die mit Unterstützung der BPW Bergische Achsen KG und der Peter Dussmann GmbH begonnene Restaurierung fortgesetzt werden. Darin fuhr auch Prinzessin Luise 1793 zur Hochzeit. Deshalb wünsche ich mir sehr, dass er 2010, wenn sich der Todestag der Königin zum 200. Mal jährt, im Museum aufgestellt werden kann. Für den Staatswagen Friedrichs II. hat die Restaurierung leider noch nicht begonnen. Dazu brauchen wir Sponsoren.

Sicher rechnen Sie damit, dass mit der Eröffnung des Museums die historische Sammlung stärker in den Fokus der Öffentlichkeit und auch von Sponsoren rückt.

Darauf hoffen wir. Vielleicht können wir weitere Leihgaben erhalten. Ebenso gehen wir davon aus, dass sich weitere ehemals zum preußischen Marstall gehörende Kutschen und Schlitten in privaten Sammlungen ermitteln und insbesondere die ungeklärten Verluste des Hohenzollernmuseums aufklären lassen. Vielleicht kann die Stiftung etwas davon zurück erwerben, wie dies bei Gemälden und anderen Kunstgütern bereits gelungen ist. In Kürze werden die Arbeiten an einem Bestands- und Verlustkatalog für dieses Gebiet beendet sein, der dazu weitere Hinweise gibt.

Ein solcher Zuwachs würde aber wohl die räumlichen Möglichkeiten in Paretz überschreiten.

Zunächst einmal freuen wir uns, den Touristen und den Freunden der Stiftung in Paretz solch ein attraktives Museum bieten zu können. Dies schließt Überlegungen nicht aus, in späteren Jahren einen neuen Standort zu suchen, an dem die Sammlung komplett gezeigt und die Geschichte der königlichen und kaiserlichen Marställe detailliert dargestellt werden kann.Das Gespräch führte Erhart Hohenstein

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })