FREITAGS: Gretchenfrage
Klaus Büstrin zu Religionsfragen im „Faust“ und in den „Satanischen Versen“
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Mit der Gretchenfrage wird geworben. In der Stadt, an Litfasssäulen und Aufstellern. Zu lesen ist: „Nun sag, wie hast du“s mit der Religion?“ Das Plakat macht auf die an diesem Wochenende am Hans Otto Theater stattfindenden Premieren von Goethes „Faust“ und Salman Rushdies Dramatisierung „Die Satanischen Verse“ aufmerksam.
Gretchen fragt kurz und präzise nach Faustens Einstellung zur Religion. In seiner Antwort wird deutlich, welch eine vage Vorstellung er von Gott beziehungsweise allem Überirdischen hat. Er bezeichnet Religion als Sache des Gefühls und umgeht eine Festlegung durch rhetorische Fragen und der Diskussion über „die Namen Gottes“. Fausts Gottesgedanke ist alles, du und ich, Himmel und Erde, Herz, Glück und Liebe. Er stellt die überlieferte Religion in Frage.
Die Religion – die islamische – spielt auch in Rushdies Roman eine Rolle. Von indischen Immigranten in Großbritannien handelt die Geschichte, die auch teilweise vom Leben des Propheten Mohammed inspiriert ist. Gefragt wird: Wie entstehen Religionen, wie entwickeln sie sich und welchen Einfluss haben sie auf Menschen? Glaube und Zweifel stehen im Roman und im Stück nebeneinander. So ähnlich wie bei Faust. Rushdie wendet sich gegen jede Art von religiösem Herrschaftssystem und warnt zugleich davor, wenn man traditionelle kulturelle und soziale, auch religiöse Bindungen zugunsten zweifelhafter Werte von globaler Massenkultur aufgibt. Die islamischen Fundamentalisten sind gegen „Die Satanischen Verse“ Sturm gelaufen. Auch bei Rushdie gibt es eine „Gretchenfrage“: „Zuerst war es der Teufel, aber diesmal der Engel“. Hat der Mensch zwei Wesen? Ein göttliches und ein teuflisches? Fragen zu Religionen müssen gestellt werden. Das Gespräch darüber könnte zu interessanten Einsichten für Fragende und Antwortende führen. Sie behandeln immer unser Menschsein - hier und heute.
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