„Ich bin selbst diese duslige Isolde“, bekennt Elke Heidenreich am Ende ihrer höchst amüsanten Lesung und überrascht mit diesem Outing wohl keinen der rund 250 Zuhörer. Die Heldin ihres Buches „Nero Corleone kehrt zurück“ ist so von Katzenweisheit und Katzenliebe durchdrungen, das es einem selbst ganz schnurrig zumute wird. In plaudernd-unterhaltsamem Ton verwandelt die Autorin des Nero Corleone-Fortsetzungsbuches den großen Saal des Hans Otto Theaters geradezu in ein anheimelnd-tierisches Wohnzimmer mit Samtpfötchen und Katzenbuckel. Man hat das Gefühl, als würden die pelzigen Vierbeiner um die Beine streichen und im nächsten Moment auf den Schoß springen. Kratzbürstig und beseelt dringt Elke Heidenreich in die Welt der Schmusekätzchen und Wildfänge vor. Und alsbald wird in ihrer zwar vorhersehbaren, aber lebendig erzählten Geschichte klar: Katzen sind eben auch nur Menschen. Gern geht man ihnen auf den Leim.
Elke Heidenreich lässt es am Dienstagabend nur so mauzen und miezen, manchmal bis zum Klamauk, dann wieder zum Herzerweichen. Keck schielt sie über ihren Brillenrand, wenn sie über Nero Corleone flucht: den frechen, aber so geliebten Kater, dem sie nun nach 16 Jahren dieses zweite Buch gewidmet hat. Denn mit dem Schluss der ersten Nero-Hommage, die mit einer Million Exemplare die Katzengemeinde weltweit in 25 Sprachen begeisterte und sogar Schulstoff war, ließ sie die Fans unzufrieden zurück. Alle wollten wissen, wie es weiter geht mit dem weißpfötigen Tunichtgut, der Isoldes oder besser Elkes Nerven zerrüttet und ihr Leben ruiniert hat, aber den sie so glücklich liebte.
Isolde und Robert hatten ihn aus einem Urlaub in Italien mitgebracht. Doch als sie Jahre später erneut ins Heimatland des Katers reisen, fühlt er sich wieder als Italiener und verweigert die Rückreise. Er nabelt sich ab von seinen „Zieheltern“. Damit war das Buch, Teil 1, zu Ende.
Die nun 16 Jahre später geschriebene Fortsetzung ist weit mehr als ein Katzenroman. Sie erzählt von einer Frau, die Platz, Zeit und Stille braucht, um darüber nachzudenken, was jetzt, in der späten Mitte des Lebens, noch auf sie wartet. Abstand halten, schauen, was ist. Auch in der Liebe, die Sprünge bekommen hat, wie altes Porzellan. „Ist noch genug Liebe da?“, fragt nicht nur ihre neue Hoffnung Justus, nach der sie griff, als sich Robert eine Freundin zugelegt hatte. Wie Nero, der Mutige, der sich alles nahm, was er wollte und alle um seine Pfote wickelte.
Auch Elke Heidenreich erobert das Publikum mit ihrer natürlich-sympathischen Art im Sturm, mit ihrem Hohelied über menschliche Schwächen und tierische Stärken und ihrer locker schnörkellosen Selbstbefragung.
Inzwischen hat die Frau mit dem fransigen kurzen Haar das Katzenreich verlassen und Nero begraben. Sie ist auf den Mops gekommen. Nun liegt der, schwarz wie einst Nero, auf ihrem Bauch und schnarcht. Und das hört sich natürlich viel schöner an, als wenn Robert die Nächte zersägt. „Aber ich verspreche: Es wird kein Mops-Buch geben“, sagt sie am Ende ihrer gesten- und wortreichen Katzensaga-Vorstellung. Warum eigentlich nicht?, möchte man in den herzlichen Applaus hinein fragen. Heidi Jäger
Elke Heidenreich: „Nero kehrt zurück“, Hanser Verlag, 13,90 Euro
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: