Kultur: Gut gespielt ist die „Wassermusik“ ein Wunderwerk
Die gesamte Kammerakademie Potsdam spielte erstmals auf historischen Instrumenten Musik von Händel im Schlosstheater
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Die gesamte Kammerakademie Potsdam spielte erstmals auf historischen Instrumenten Musik von Händel im Schlosstheater Eine neue Qualität hat seit diesen Tagen die Kammerakademie Potsdam erreicht. Alle 30 Mitglieder haben sich unter der Leitung des künstlerischen Chefs des Orchesters, Sergio Azzolini, und des Alte-Musik-Spezialisten Bernhard Forck in einem Workshop mit der historischen Aufführungspraxis auf alten Instrumenten beschäftigt. Das Ergebnis wurde nun in einem Nachmittagskonzert im Schlosstheater im Neuen Palais präsentiert. Es war für die meisten Musiker sicherlich eine Umstellung, vom modernen zum historischen Instrument umzusteigen: eine andere Artikulation, Phrasierung, die größere Gefährdung der Intonationsgenauigkeit waren zu bedenken. Doch eine bedingungslose Nachahmung alter Musizierpraxis ist wohl kaum möglich. Das wissen auch Azzolini und die Kammerakademie bestens. Der Anspruch wird nicht erhoben, so oder so muss es in der Barockzeit geklungen haben, sondern es wird zur Diskussion angeregt, so oder ähnlich könnte der Klang gewesen sein. Allein für die Qualität sollte auch weiterhin die genaue Kenntnis der Partituren der Komponisten sein: „Man muss die Arbeit, wie sie in Noten gesetzt ist, ansehen“ (Bach). Das Spielen von Barockmusik auf modernen Instrumenten bleibt den Kammerakademie-Mitgliedern ebenfalls wichtig. Nicht als spaßiger Ausflug war das Musizieren auf historischen Saiten- und Blasinstrumenten gedacht, sondern als eine ernsthafte Arbeit, das sich im Geist historischer Werk-Interpretation mit Originalinstrumenten bewahrheitete. Denn die Potsdamer wissen genau, dass schlechtes oder nur mittelmäßiges Musizieren in punkto Alte Musik sie schnell in „Verruf“ bringen könnte. Das erste Konzert mit Instrumenten aus der Barockzeit war ein beachtenswerter Start. Man spielte nur Händel. Vor der Pause tastete man sich noch an die Musizierweise heran, wirkten das Concerto B-Dur und das Orgelkonzert op. 4 Nr.3, das Azzolini für die Soloinstrumente Violine, Fagott und Orchester bearbeitete, brav-akademisch (Solisten: Henriette Scheytt, Violine, und Sergio Azzolini, Fagott), obwohl der Fagottist, der das gesamte Konzert leitete, das Orchester zu einem lebendigen Musizieren stets animierte. Mit ihm war der für Bernhard Forck kurzfristig eingesprungene Konzertmeister Peter Rainer ein guter Garant dafür, dass sich das Konzert nach der Pause steigern konnte. Händels erste der drei Suiten umfassende „Wassermusik“ kann banal sein, wenn sie schlecht interpretiert wird, gut gespielt ist sie jedoch ein Wunderwerk. Und die Kammerakademie fand zu einer derart frischen und zupackenden Virtuosität, dass der Zuhörer einfach hingerissen war. Die mitreißendem Tempi taten ein Übriges. Und der Schönklang wurde nie außer Acht gelassen. Ein Kompliment gilt allen Musikern, doch besonders den mit großen dankbaren Aufgaben versehenen Bläsern: Emma Davislim und Jan Böttcher, Oboe, Sergio Azzolini und Letizia Viola, Fagott, Christian Müller und Andreas Bohm, Horn. Das Publikum wusste das Engagement der Kammerakademie zu würdigen und applaudierte sehr heftig, so dass ein Satz aus der „Wassermusik“ wiederholt werden musste. Im Sinfoniekonzert am 12. März im Nikolaisaal wird eine Telemann-Suite wieder auf modernen Instrumenten gespielt, sicherlich mit den Anregungen aus dem Alte-Musik-Workshop. Klaus Büstrin
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