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Kultur: Guter Mensch Märchenhaftes aus England

im Weihnachtskonzert

Stand:

„Ein guter Mensch sein! Ja, wer wär’s nicht gern...“ singt Mister Peachum in Brechts „Dreigroschenoper“, um am Ende zu konstatieren: „doch die Verhältnisse, sie sind nicht so!“ Ein „guter Mensch“ wollte mancher werden, auch der Londoner Händler Ebenezer Scrooge, als Hartherz und Geizhals in der ganzen Stadt London verschrieen. Wie der Autor Charles Dickens ihm in der vielgelesenen „Weihnachtsgeschichte“ ein Denk- und Mahnmal setzte, so war er in Übersee ein rechtes Vorbild für die Comic-Figur Dagobert Duck, der seinem Lebens-Favoriten „Geld“ jede andere Beziehung unterordnet.

Dickens’ „A Cristmas Carol“ bildete am Samstagnachmittag den Auftakt eines englischen Familien-Weihnachtskonzertes im Nikolaisaal. Maria Sander und Stephan Holzapfel erzählten und spielten die verkürzte, nicht ganz durchdachte Prosa-Version im ausverkauften Haus vor Großeltern, Eltern und Kindern. Das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt unter der Leitung des temperamentvollen Ulrich Kern sorgte in unterschiedlicher Besetzung für die musikalische Begleitung. Die Stimmung war bestens. Man kann nur wünschen, dass auf der Insel so auch einmal deutsche Weihnacht gefeiert werde, wie hier eine englische. Aber das Bindeglied gab ja Georg Friedrich Händel, der Deutsche in Britannica. Eine merkwürdige Auswahl aus diversen Sätzen seiner Concerti grossi versuchte den literarischen Teil der Veranstaltung zu gliedern. Die etwas konglomerierte Ouvertüre der „Wassermusik“ verbarg jedoch die Majestät des Meisters eher, als sie zu zeigen.

Die beiden Darsteller gaben Dickens’ „Weihnachtsgeschichte“ in verteilten Rollen, wobei Stephan Holzapfel den bösartig knurrenden Geiz des Alten in Frack und Zylinder spielte. Maria Sander übernahm den größeren „Rest“, auch jene drei Geister, welche letztlich zur Katharsis des Geizkragens führen, denn ohne Besserung sei Scrooge zur nächsten Weihnacht nicht mehr am Leben. Toll, dass so etwas vor hundertfünfzig Jahren noch funktionierte, trotz miesester „Verhältnisse“! Am Ende beschenkte der reuige Sünder nicht nur ein armes Mädchen, sondern auch das Publikum: „Hat nicht für alle gereicht, aber ich verdiene neues Geld, versprochen!“, rief er den leer Ausgegangenen zu. Das musikalische Finale bildete passgerecht Händels leichtfüßiger „Einzug der Königin von Saba“. Hübsch das Ganze, dennoch wären ein paar spielerische wie gedankliche Zwischentöne nicht unangebracht gewesen. Schon Dagobert Duck zuliebe!

Im zweiten Teil des Konzerts spielte das Orchester, diesmal in großer Besetzung, die Musik zum englischen Zeichentrick-Stummfilm „Der Schneemann“ von 1982. Erzählt wird die Geschichte eines Jungen, der ein guter Mensch noch ist. Er baut sich einen Schneemann und fliegt mit dem lebendig gewordenen Prachtkerl ins Land der Seinen, wo man tanzt und vom braven und hoch erfreuten Weihnachtsmann auch noch beschenkt wird. Auf dem Rückflug kommt dann das zu erwartende Ende: Der Dicke schmilzt dem Jungen hinweg. Der englische Autor und Illustrator Raymond Briggs schuf das Buch und den anrührenden Film, Howard Blake illustrierte ihn mit federleichten Noten. Das Lied „Walking in the Air“ sangen die Knaben Elias Maaß und Richard Wolf glockenhell. Gerold Paul

Gerold Paul

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