Kultur: Hamlet auf der Rückseite
Ton und Kirschen Wandertheater Glindow kommt mit Shakespeare-Stück auf den Pfingstberg
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Nicht in einer ehemaligen Kneipe in der Zimmerstraße oder in der Blechbüchse auf dem Alten Markt – wie geschehen – landet der Prinz, sondern im königlichen Ambiente, ganz wie es seiner Herkunft entspricht. Der dänische Königssohn Hamlet und sein Gefolge aus der Renaissancezeit gaben sich im vergangenen Sommer am Rokoko-Belvedere des Klausbergs die Ehre. In der nächsten und übernächsten Woche haben sie sich wieder ein Belvedere für ihr Treffen ausgewählt. Diesmal auf dem Pfingstberg. Die Begegnungen Hamlets mit seiner so „lieben“ Familie werden tödlich enden, so wie es der Erfinder der Handlung, William Shakespeare, möchte. Aufgeschrieben hat sie der englische Dichter um 1600. Seitdem füllt die Inszenierungs- und Deutungsgeschichte von „Hamlet“ wohl Bibliotheken.
Hatte das Hans Otto Theater in seinen Provisorien mehrmals die Shakespeare-Tragödie zum Besten gegeben, so war mit ihr 2007 erstmals das Poetenpack zugange. Nun wird das Ton und Kirschen Wandertheater aus Glindow „Hamlet“ aus seinem Thespiskarren auf dem Pfingstberg hervorholen. Margarete Biereye und David Johnston, die künstlerischen Leiter und Begründer dieses Theaters, erinnern sich, dass sie in den vergangenen Jahren des öfteren und sehr gern mit ihrer Truppe auf dem Pfingstberg gespielt haben. Bisher waren sie an den eher heiteren Laubengängen des Belvedere mit ihren Inszenierungen zu erleben. In diesem Jahr spielen sie auf der Rückseite des romantischen Gebäudes, das König Friedrich Wilhelm IV., der „Romantiker auf dem Thron“, zur Verschönerung der Umgebung Potsdams erbauen ließ. Der düstere und ernste Burgcharakter der Belvedere-Rückfront, ihr Zyklopenmauerwerk mit den schießschartenartigen Fenstern und sehr hohen Balkonen scheint geeignet für eine Hamlet-Aufführung zu sein. Jedenfalls haben sich Margarete Biereye und David Johnston diesen Ort für ihre Inszenierung ausgewählt. Dabei beschränkt sich die Glindower Wandertheater-Fassung keinesfalls nur auf die Dramatik des Schauspiels, in dem sich Hamlet an den Mord seines Vaters rächt und dabei selbst über Leichen geht.
Ton und Kirschen wäre jedoch nicht Ton und Kirschen, wenn es nicht sein eigenes ästhetisches Konzept auf die Bühne bringen würde. Der Tragödie folgt die Komödie sofort auf dem Fuß. Und somit wird die todessüchtige Melancholie, die man auch gern mit der Dichtung hierzulande verbindet, aufgebrochen. „Es fehlt in Hamlet eigentlich an Nichts, was auch uns Heutige interessieren könnte“, sagt Margarete Biereye während eines Gesprächs auf dem Pfingstberg. „Es stellt wesentliche Fragen: das Sein oder das Nichtsein, Leben und Tod. Es gibt wohl kein anderes Stück, das dem Leben einen Spiegel vorhält wie dieses.“ Und die künstlerische Leiterin des Theaters, zugleich Regisseurin des Stücks (gemeinsam mit David Johnston) und Darstellerin der Königin Gertrud, ist davon überzeugt, dass es kein anderes Stück gebe, in dem der Glaube an das Theater so stark ist, in dem Theater so ernst genommen wird.
Von der englischen Quelle ausgehend, hat sich das Wandertheater für verschiedene Übersetzungen entschieden: für die romantischen von Friedrich Schlegel und Ludwig Tieck, für die heutigen von Erich Fried und Frank Günther. Margarete Biereye macht darauf aufmerksam, dass auch Theodor Fontane als junger Mann sich an eine Übertragung des Shakespeare-Stücks wagte. Diese Arbeit habe man erst nach dessen Tod in einer Schublade gefunden. „Ein Stück davon hat in unserer Spielfassung ebenfalls Platz gefunden“, sagt die Regisseurin.
Schauspieler aus vier Ländern, aus England, Kolumbien, Australien und Deutschland, stehen ab 14. August auf der Bühne. Sie verkörpern mehrere Rollen, außer Richard Henschel, der den Hamlet darstellt. Masken aus Bali oder Korea haben in der Inszenierung eine wichtige Funktion, auch die Musik. Sie wird von dem Ägypter Mohamed Askari bestritten, der auf altorientalischen und afrikanischen Instrumenten spielt. Damit wird „Hamlet“ zusätzlich eine ganz eigene Atmosphäre erfahren.
14. bis 16. August, 21. bis 23. August, jeweils um 20 Uhr
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