Kultur: Handwerk zum Hören
Die Kammerakademie Potsdam will mit Gesprächskonzerten den Fokus auf die Instrumente richten
Stand:
Wie lässt sich Musik am besten begreifen, also greifbar machen? Schließlich ist Musik in erster Linie immateriell, auditiv. Aber sie hat auch eine materielle Seite – und die ist das Instrument. Die Kammerakademie Potsdam, seit Jahren in der Musikvermittlung bemüht, will nun über diesen Ansatz einem Laienpublikum ihre Kunst nahebringen.
Im Rahmen des Themenjahres von Kulturland Brandenburg, „Handwerk“, findet am Freitag um 19 Uhr das erste von zwei Gesprächskonzerten der KAP statt. Im Palmensaal der Orangerie des Neuen Gartens spielen Streicher der Kammerakademie Werke von Telemann, Schmelzer und Farina, erklären die Musiker ihre Instrumente sowie die Unterschiede heutiger und historischer Aufführungspraxis.
Für Organisatorin Bettina Lange, Flötistin bei der KAP, ist das neue Format auch als Hommage an die Kunst im Schatten der Musik gedacht, den Instrumentenbau. „Wir sind so abhängig von diesen Künstlern und oft auch persönlich verbunden mit einzelnen Werkstätten.“ Über die Instrumente sind die Musiker aber nicht nur mit den Erbauern verbunden, sondern auch mit der Geschichte, mit handwerklichen Voraussetzungen und bestimmten Klangvorstellungen, die jede Epoche als ihr Ideal ansah. „Wir leben mit der Historie“, sagt Bettina Lange über dieses Spannungsverhältnis der Musiker zu ihrem Instrument. „Deswegen war es für uns so wichtig, die enge Beziehung und die kontinuierliche Entwicklung zu zeigen.“
Der Abend soll, so Lange, allerdings keine trockene musikhistorische Abhandlung werden. Stattdessen führen rbb-Moderatoren Clemens Goldberg und im kommenden Konzert Anfang November Peter Claus durch die Veranstaltung. Auf wechselnden Instrumenten führen die Musiker die klanglichen Unterschiede einzelner Epochen vor. „Das ist auch für uns eine Herausforderung“, sagt Lange. Schließlich sprechen barocke Darmsaiten anders an als heutige Stahl- oder Kunststoffsaiten. Hinzu kommt die unterschiedliche Grundstimmung der Instrumente. „Das Sprechen der Musik ist jeweils anders, auch der Laie kann es hören“, so Lange.
Auch bei der Auswahl der Stücke stand der Vermittlungsgedanke im Vordergrund: Der Charakter einzelner Instrumente soll so hörbar gemacht werden. Eher unbekannt dürfte der Komponist Carlo Farina sein, dessen „Capriccio stravagante“ erklingen wird. Der Italiener Farina war zwischen 1626 und 1629 Kapellmeister in Dresden, wo er mit Heinrich Schütz zusammenarbeitete. In dieser Zeit entstand auch das Stück, musikhistorisch gesehen eine Abkehr von wortgebundener Musik, hin zum Spiel mit der mechanischen Funktionsweise der Streichinstrumente und der Klangnachahmung, etwa von Tieren, aber auch Blasinstrumenten.
Der Bläsergruppe in Verbindung mit dem Hammerklavier widmet sich das nächste Handwerk-zum-Hören-Konzert am 10.November im Palais Lichtenau. Auf dem Programm stehen dann Werke von Schubert, Mozart und Beethoven. Grit Weirauch
Grit Weirauch
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: