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Kultur: Harte Rosinen

Käsekuchen-Kinderstück am Hans Otto Theater

Stand:

Der Appetit auf Käsekuchen ist einem nach diesem Stück vergangen. Die süßen Rosinen entpuppen sich als faule Eier. Das zur Revue aufgepeppte Kinderstück „Pinguine können keinen Käsekuchen backen“, das gestern am Hans Otto Theater Premiere hatte, bleibt trotz Glitzersteine blass und fad wie „Deutschland sucht den Superstar“. Das von Autor Ulrich Hub kreierte Rezept ermöglicht trotz der ausgewiesenen Backkunst von Regisseur Sebastian Wirnitzer keinen fluffig-lockeren Teig. Schwer wie Wackersteine bleibt er im Magen liegen. An dem in der Werbung angepriesenen doppelten Boden beißt man sich schnell die Zähne aus, auch wenn die Kinder ihn offenbar ganz gut verdauen und die aufgesetzte Zwielichtigkeit brav hinunterschlucken.

Was aber wird ihnen serviert in diesem Käsekuchen-Stück? Zwei Pinguine, die in unstillbarer Gier den Geburtstagskäsekuchen des fast blinden kauzigen Maulwurfs (Alexander Weichbrodt) verspeisen. Fortan dreht sich das ganze Geschehen darum, wie die beiden tollpatschigen, nach Fisch stinkenden Helden, die Nina El Karsheh und Eric Klotzsch in durchaus bester Dick- und-Doof-Manier slapstickartig, humorvoll und ausdrucksstark spielen – diesen Kuchen ersetzen. Doch Pinguine können keinen Käsekuchen backen.

Da fällt ihnen das lauthals gackernde Huhn aus dem Kühlschrank förmlich als Retterin in den Schoß. Doch es ist eher ein fauler Braten. Das als Transvestit aufgemotzte Zwitterwesen (Jan Dose) scheint seinem angehimmelten Staubsauger auf orientalischem Bet-Teppich geradezu verfallen. Oder will er sein mit erotischer Begierde getätscheltes „Betthupferl“ einfach nur loswerden, was das ständige Anpreisen ebenfalls suggeriert? Der ganze aufgemotzte Staubsauger–Spuk bleibt ein Rätsel, zumal er sich beim Dampf ablassen anhört wie Raketenfeuer. Und dann brütet dieses aufgebrezelte Huhn hechelnd und pressend unter schlimmsten Wehen auch noch ein Ei aus, dem tatsächlich eine Pistole entschlüpft, die der Satansbraten dann auf die wehrlosen Pinguine abfeuert. Ein Islamist unter Federboa? Die Lust am Spekulieren hält sich angesichts der teils abgeschmackten Dialoge in Grenzen, zumal gerade im zweiten Teil dem Ganzen das „Pulver“ ausgeht. Der anfangs durchaus noch hoffnungsvoll aufgehende „Käse“ fällt leider bald in sich zusammen, trotz durchaus erfrischendem Fischstäbchen-Rap (Musik Martin Orth).

Auch die sich munter drehende Küchen-Bühne von Vinzenz Gertler oder die Akzente setzende Choreografie von Marita Erxleben können dem Ganzen nicht wirklich Aroma geben. Die als Geschichte um Freundschaft, Rivalität, Verrat und Selbstbehauptung gereichte Unterhaltung für Fünfjährige mutiert zum Klamauk: zu Käsekuchen mit künstlichem Geschmacksverstärker.Heidi Jäger

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