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Kultur: Hasstiraden Ost und West

Filme und Lesungen zum Mauerbau und Mauerfall: Morgen im Filmmuseum

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Jeder lebte und haderte mit der Mauer auf seine Weise. Manche überlebten sie nicht. In Potsdam erinnert ein schlichtes Holzkreuz an 17 Tote: überwiegend junge Menschen, die an der Grenze am Babelsberger Griebnitzsee oder in der Nähe starben. Sie wollten sich nicht einmauern lassen.

Vor einem Jahr führte das „Forum zur kritischen Auseinandersetzung mit DDR-Geschichte im Land Brandenburg“ in einer bewegenden Lesung die Folgen von Stacheldraht und Todesschüsse noch einmal eindrücklich vor Augen. Die Resonanz war groß und bewog Forums-Mitglied Bob Bahra, diese Veranstaltung in diesem Jahr zu wiederholen. Er bekam das Filmmuseum mit ins Boot, das nun seinerseits den Bogen vom Mauerbau zum Mauerfall facettenreich schlägt. Bevor am morgigen 13. August die von Bahra ausgewählten Mauer-Texte noch einmal zu hören sind – unter anderem liest Florian Havemann die Geschichte eines Mauerspringers aus seinem Buch „Havemann“ – wird also die Zeit auch filmisch zurückgespult.

Wie Bärbel Dalichow, Chefin des Filmmuseums gestern in einem Pressegespräch betonte, wühlte sie sich bis in die tiefsten Winkel der Archive vor, um auch bislang nie aufgeführtes Material zeigen zu können, darunter die Selbstdarstellungen eines Stasimannes und eines Grenzoffiziers. 1973 hatten Dokumentarfilmer alle Berufsgruppen der Ackerstraße in Berlin porträtiert und auch eines über das Grenzregime mit hinein „geschmuggelt“. Dieses ursprünglich nur als historische Dokumentation und nicht für die Veröffentlichung bestimmte Material wurde nun für die Veranstaltung vom Bundesfilmarchiv neu kopiert.

Auch ein Propagandafilm aus dem Westen, der sich anhört wie der „Schwarze Kanal“ von Schnitzler, nur mit umgekehrten Vorzeichen, ist zu sehen: „Das Gesicht an der Grenze“ mit Hasstiraden, die heute fast komisch anmuten.

Vor allem aber sind es die Erfahrungen widerständiger Menschen, die den Abend bestimmen sollen. Sie werden als Zeitzeugen berichten, wie es Eingemauerten erging und Dokumente lesen. „Es sind alles leise Texte, nichts Brachiales und es gibt auch die Gefahr, dass man lachen muss“, sagt Bob Bahra. Vielleicht bleibt einem aber das Lachen im Halse stecken, wenn zum Beispiel von dem 23-jährigen Herbert Mende berichtet wird, der auf dem Heimweg nach einer Tanzveranstaltung im Klubhaus „John Schehr“ nahe der Glienicker Brücke so schwer angeschossen wurde, dass er schwerstbehindert sechs Jahre später stirbt.

Außerdem liest Schauspieler Hans-Jochen Röhrig aus Klaus Schlesingers „Berliner Traum“ und Mathias Frenzel aus seinem Buch „Flucht aus Versehen“.

Am Ende des Abends wird ein Filmdokument von Kurt Tetzlaff zu den Zusammenkünften des Neuen Forums in der Babelsberger Friedrichskirche im Herbst 1989 uraufgeführt. Es erinnert an die unerschrockenen Vorreiter, die Missstände, wie Wahlfälschungen klar benannten und durch ihre Worte die Mauer mit zum Einstürzen brachten. Heidi Jäger

Beginn morgen 18 Uhr (um 20 Uhr Pause). Eintritt frei. Zwei Spielfilme flankieren den Abend und zeigen Berlin 1961: Billy Wilders Komödie „Eins, zwei, drei“, die im Westen spielt und das im Osten angesiedelte propagandistische Filmchen „Und deine Liebe auch“ von Frank Vogel.

Heidi JägerD

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