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Kultur: Hauptsache, weg von hier

Götz Alsmann und Band im Nikolaisaal

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Götz Alsmann und Band im Nikolaisaal Die Sendung „Zimmer frei“ machte Götz Alsmann mit Kollegin Christine Westermann zu einem TV-Star. Der ultimative Test der WG-Tauglichkeit von Promis ist mittlerweile Kult. Doch neben dem Grimme-Preis für „Zimmer frei“, gesellten sich auch Jazz Awards und in diesem Jahr der begehrte Echo im Bereich Jazz. Dass in dem klamaukenden Rhetorik-Genie auch ein begnadeter Musiker schlummert, zeigt sich immer dann, wenn Alsmann die prominenten Gäste zu Spontan-Ständchen überredet. Die Gäste des Nikolaisaals hat Alsmann schon nach wenigen Sekunden im Griff. Dem Schwiegersohn-Charme des Münsteraners muss man einfach erliegen. Die Fliege sitzt perfekt, das breite Grinsen auch und seine markante Haartolle wippt dem Publikum keck entgegen. Zusammen mit seiner brillanten Band verpackt er mal witzige, mal rührselige Geschichten in ein klangvolles Jazzgewand. Die Titel, denen der „Fritz Lang des swingenden Schlagers“ (Götz Alsmann über sich) den Staub von den Notenlinien pustet, stammen vom aktuellen Album „Tabu!“. Die Songs entsprangen teilweise vor über 70 Jahren einer Musikerfeder. Alsmann und seine Band machen das vergessen. Am Flügel sitzend, den Blick eindringlich ins Publikum gerichtet, verziert Alsmann das Gejazze durch Ausflüge in Richtung Mambo, Bossa und orientalischer Klänge. Das Fernweh zieht sich als thematischer, roter Faden durch das gesamte Programm, oder wie Alsmann es besingt „Hauptsache weit weg von hier“. Nebenbei stellt er sich noch existentiellen Fragen des Lebens („Wo lernt ein Bischof so gut küssen?“) und präsentiert seinen Talisman: „Ein kleiner Bär mit großen Ohren“. Nach der Pause schildert Alsmann nur mit Ukulele bewaffnet, warum er Tiere nur mit Messer und Gabel anfassen kann. Und hätte er den gesamten Abend nur von seiner Ukulele begleitet bestritten, niemand hätte das Eintrittsgeld zurückverlangt. Aber seine Stammband, mit der er seit über zehn Jahren zusammen tourt, macht den Auftritt erst zum Erlebnis. Rudi Marhold gibt den swingenden Beat, auf dem Michael Müller seine Bass-Töne treffend platziert. Perkussionist Markus Passlick entlockt Dutzenden Klangkörpern die passenden Geräusche und zerrt auch immer wieder neue exotische Instrumente ins Bühnenlicht. Zudem gibt er dem Publikum eine Fortbildung in der Zeichensprache der Indianer, so gelernt im „Indianerreservat“ Bad Segeberg. Mit einem Luftkuss gen begeistertem Publikum verabschiedet sich Alsmann von Potsdam. Charismatisch, musikalisch, witzig. Wer hätte ihn nicht gern in seiner WG? Christoph Henkel

Christoph Henkel

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