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Von Dirk Becker: Haus mit Möglichkeiten
Es dauert noch zwei Jahre bis das Potsdam-Museum ins Alte Rathaus zieht – In einem Vortrag zeigte Museumsdirektorin Jutta Götzmann schon jetzt, welches Potenzial in diesem Vorhaben steckt
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Die Phantasie muss zwangsläufig scheitern, wenn man dieser Tage das Alte Rathaus am Alten Markt betritt. Noch zwei Jahre mit intensiven Bauarbeiten und anderen Vorbereitungen, dann soll hier das neue Potsdam-Museum endlich mit einer Dauerausstellung eröffnen. Es gibt Grundrisspläne der einzelnen Stockwerke mit ihrer zukünftigen Verwendung, es gibt Computeranimationen, die ahnen lassen, wie es hier ab Anfang 2012 aussehen könnte. Doch wer derzeit über die große Treppe kommend das Alte Rathaus betritt, dem ist es fast unmöglich, sich hier das Museum der Stadt Potsdam vorzustellen.
Auch der Vortrag von Jutta Götzmann, Direktorin im Potsdam-Museum, das derzeit in viel zu kleinen Räumen in der Benkertstraße residiert, konnte die Phantasie kaum beflügeln. Doch einiges, was sie am Dienstag in „Das Potsdam-Museum am Alten Markt. Neue Chancen für ein Haus zwischen Tradition und Moderne“ ansprach, ließ erahnen, welches Potenzial in diesem Vorhaben liegt.
Gerade einmal 17 Zuhörer hatte Jutta Götzmann. Zu vage und noch zu weit entfernt scheint vielen das zukünftige Potsdam-Museum im Alten Rathaus zu sein, das die Geschichte der eigenen Stadt in ansprechender, überzeugender und vor allem publikumswirksamen Art und Weise erzählen will. Wie das räumlich geschehen soll, ist schon länger bekannt. So sind die 850 Quadratmeter im ersten Obergeschoss des Alten Rathauses und des angrenzenden Knobelsdorffhauses allein der geplanten Dauerausstellung zugedacht. Im Sockelgeschoss, das um einen Skulpturenhof erweitert werden soll, wird unter anderem die Bildende Kunst aus den Beständen des Museums gezeigt. Der sogenannte Verbinder zwischen Altem Rathaus und Knobelsdorffhaus soll zukünftig als Eingangsbereich dienen. Daneben die Kasse, die Garderobe und ein Café, Räume für die Museumspädagogik und die geplanten Veranstaltungen. Das zweite Obergeschoss wird Büroflächen sowie einem Studiensaal für Wissenschaftler vorbehalten sein. Das Turmzimmer kann wegen fehlender Fluchtwege nicht öffentlich genutzt werden. Die Gesamtumbaukosten veranschlagt die Stadt mit sieben Millionen Euro. Doch derzeit sollen noch 1,4 Millionen Euro fehlen.
Zwei Schwerpunkte, so Jutta Götzmann, sollen das Potsdam-Museum ab 2012 am Alten Markt charakterisieren. Die immer wieder gern als „Herzstück“ bezeichnete Dauerausstellung zur Stadtgeschichte und die Kunst. Dazu zahlreiche Eigenveranstaltungen – das Potsdam-Museum fusioniert schließlich mit dem derzeitigen Betreiber des Alten Rathauses, dem Potsdam-Forum – und eine enge Zusammenarbeit mit den wissenschaftlichen Instituten und den Hochschulen in der Stadt. Hier sieht Jutta Götzmann vor allem bei der historischen und der kunsthistorischen Fakultät der Universität Potsdam Möglichkeiten, gemeinsam die zahlreichen Facetten der Potsdamer Stadtgeschichte intensiver zu erforschen.
Nun ist die Zusammenarbeit von Museen und Universitäten wahrlich keine neue Potsdamer Entdeckung. Doch reichen nur kleinste Gedankenspiele um deutlich zu machen, welches Potenzial auch für die künftige Dauerausstellung in dieser Verbindung zu entdecken ist.
Über das „Herzstück“ selbst sagte Jutta Götzmann nicht viel. Eine andere als die von den Königen und ihren Schlössern geprägte Geschichte soll in der Dauerausstellung anhand von Personen und Themen erzählt werden. Keine Jahreszahlhäufungen, sondern Stadtgeschichte als Erlebnis. Das sind natürlich Worte, die sehr schön und vielversprechend und gleichzeitig auch sehr vage klingen. Orientieren wolle sich Jutta Götzmann bei den Planungen und Vorbereitungen an Beispielen in München, Trier oder Salzburg.
Es sind gerade diese Dauerausstellungen, die den Stadtmuseen oft den Charme von Puppenstuben verliehen haben und nicht selten eher den Staub denn interessierte Besucher angezogen haben. Gerade an dem, was auf den 850 Quadratmetern im ersten Obergeschoss des Alten Rathauses und des angrenzenden Knobelsdorffhauses zu sehen sein soll, wird sich zeigen, ob das Potsdam-Museum herausragt oder sich doch nur einreiht in die Vielzahl blasser Heimatkundeausstellungen. Auch wenn Jutta Götzmann an diesem Abend nicht viele Worte darüber verlor, es wurde deutlich, dass genau darauf der Schwerpunkt der Planungen liegen muss. Doch schon der zweite Schwerpunkt für das neue Haus am Alten Markt zeigt, dass hier in die richtige Richtung gedacht wird.
Kunst, und mit besonderem Augenmerk auf die Bestände aus der Sammlung „Sozialistische Kunst“, soll hier gezeigt werden. Insgesamt 5000 Werke hat das Museum in den Jahren von 1975 bis 1989 von Künstlern aus der DDR unter der Marke „Sozialistische Kunst“ gesammelt. Lange galt dieser Bestand den Museumsmitarbeitern als Art Giftschrank, der gefälligst geschlossen bleiben muss. Doch die aktuelle Gemeinschaftsausstellung „Freiheit der Idee. 7 mal Kunst vor ’89“ von Potsdam-Museum und der privaten Galerie von Werner Ruhnke zeigt, was für Möglichkeiten allein in dieser Sammlung stecken. Die deutschlandweiten Diskussionen um die Frühjahrsausstellung im Berliner Martin-Gropius-Bau. „Sechzig Jahre – Sechzig Werke. Kunst aus der Bundesrepublik Deutschland von ’49 bis ’09“, in der Bildende Kunst der DDR kein Thema war, hat gezeigt, dass hier Bedarf ist. Gerade hier kann das Potsdam-Museum im Alten Rathaus ansetzen und so auch für Besucher von außerhalb interessant werden, die sonst von der üblichen Schnarchigkeit städtischer Museen abgeschreckt werden. Es ist das Besondere, mit dem dieses Museum Interesse wecken kann.
Zum Ende ihres Vortrages betonte Jutta Götzmann, dass es wichtig sei, die Erwartungen ob der finanziellen Zwänge nicht zu hoch zu schrauben. Aber was sie angesprochen hatte, ließ einen unerwartet ein wenig träumen. Und oft ist es dann doch die Phantasie, die trotz widrigster Umstände das nötige Maß an Energie und Durchhaltewillen freisetzt.
Dirk Becker
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