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Kultur: Herbstsalon

Ausstellung mit Holzschnitten in der Galerie am Neuen Palais

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Der Holzschnitt ist eines der ältesten Druckverfahren der Menschheit, und es scheint logisch, wenn die Galerie am Neuen Palais Künstler auch einmal unter dem Dach einer Technik versammelt. Auf den ersten Blick wirkt die Ausstellung homogen, man muss schon näher hinschauen, um dann elementare Unterschiede zu erkennen.

Dreizehn Ausstellende sind es, die mehrheitlich Holz- oder Linolschnitte zeigen – bis auf den Bildhauer Hans-Georg Wagner, der mit Skulpturen aus Eiche, Kiefer und Buche große Werke in den großen Raum gestellt hat, die wie Pausen- oder Ausrufezeichen wirken. Der 1962 in Heidelberg geborene Bildhauer lebt seit 1986 in Cottbus. Wuchtig kommen manche seiner Arbeiten daher, das Paar aus Buche in „Tanz“ bleibt trotz der schwingenden Kurven in seinem Rechteck gefangen, „The King and the Queen“ behalten ungeachtet ihrer innigen Nähe ebenfalls die bremsende Quaderform, und der kleine Torso darf seine Leibesrundungen auch nur durch tiefe Einkerbungen andeuten. Groß und eher schlank steht die „Gefesselte Hexe oder nach dem Kopfschuss“ genannte Arbeit aus Eiche (2005) im tiefen Raum und schaut ein wenig drohend, Seine Druckstöcke und zugehörigen auf Shojipapier aufgelegte Serie „Reigen“ allerdings weisen eine Dynamik und tanzende Selbstverständlichkeit auf, die ihresgleichen suchen. Anneliese Hoge geht mit ihrer „Brücke“ den Weg der Farbigkeit: die dunkle Brücke erhebt sich über einem glutroten Hintergrund und zeigt in ihrem Querformat, dass eine Brücke nicht immer nur begangen werden muss, sondern sich auch selber mal querstellen kann. Die Künstlerin ist 1945 bei Dresden geboren und lebt in Bergen auf Rügen; sie zeigt, auch mit ihrem „gestützten Akt“, dass der Holzschnitt ironisch und leicht sein kann.

Die 1973 in Litauen geborene und in Berlin lebende Vera Schwelgin macht es dem Betrachter noch einfacher, indem sie klare Motive, allen voran den „Clown am Fluss“ eine traurig-humoreske Note verleiht und somit hintergründig und witzig zugleich argumentiert. Es tut wohl, wenn in „Monduntergang“ die weiße Scheibe groß ganz hinten hängt, und der weibliche Akt davor sich nur ein bisschen krümmt. In „Traumflug“ wehen die roten Haare der Protagonistin sehnsuchtsvoll auf ein nur erahnbares Ziel zu – und nicht ohne Grund hängt dieses Bild so zentral in der Sichtachse, dass man daran zum Glück nicht vorbei schauen kann.

Eine neue Präsenz verschafft sich die verstorbene Christa Posselt mit ihrem „Stürmischen Tag“ oder der „Landschaft am Flussarm“, ruhige Beobachtungen, die es gar nicht darauf anlegen, Modernität zu transportieren. Die 1971 in Berlin geborene Luise Dewerny schafft in ihren Holzschnitten flächige Landschaften und Einblicke in bedrohte und drohende Bäume (Küstenwald) oder eine lakonisch auf das Meer schauende Schöne von hinten („Am Strand“). Dieter Schumann, Jahrgang 1934, dagegen fördert bei seinem „Hockenden“ die Traurigkeit einer ganzen Ära auf den Plan und in „Sauna“ die holzschnittartige Erotik der heißen Luft. Seine kolorierten Arbeiten zeigen dagegen illustrierende Kunst und auch mal die mathematische Genauigkeit eines möglichen Konstruktivismus („Zukunftsbaum“). Matthias Melchert, 1976 in Berlin geboren, hat bei Georg Baselitz studiert und zaubert auf seinen „Schmetterlings“-Rechtecken das Flirren von Sommerahnungen auf das schwere Schwarz-Weiß. Katharina Kretschmer aus Dresden drapiert in „Wüstenblume“ der Frau große Haardolden um den Kopf und beweist auch bei „Brita schwanger“, dass sie mit dem Comicgenre vertraut ist.

Marion Gerlach bindet in „blicklos“ der Frau eine Sichtblende vor das hübsche Gesicht und deutet damit ein bisschen zu sehr auf mögliche Interpretationen, Klaus Hirsch bringt viel Bewegung ins Bild und Hans-Jürgen Brauers Mond hängt ganz rot über seiner traditionellen „Ansicht Potsdam“ aus dem Jahr 1992. So unterschiedlich kann der Holzschnitt sein. Lore Bardens

Bis 9. 12., Galerie am Neuen Palais, Fr-So, 13-18 Uhr.

Lore Bardens

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