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Kultur: Herr Schmetterling sucht eine Braut

Premiere des Theaters Nadi am Freitag im T-Werk mit clowneskem Theater nach H. Ch. Andersen

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Die Brennnessel lässt sich gefahrlos anfassen, wenn man sie von unten nach oben streichelt. Gut zu wissen für Herrn Schmetterling, der auf der Suche nach einer Braut ist. In seiner unersättlichen Suche nach etwas Süßem verliert sich jedoch dieser Flattergeist. Die Konsequenz seiner unstillbaren Lust lässt nicht lange auf sich warten. Am Ende ist er allein: als aufgespießter Hagestolz.

Das Theater Nadi entdeckte in dem Kunstmärchen „Der Schmetterling“ von Hans Christian Andersen eine Geschichte, von deren Ironie und Weisheit es sich sehr inspiriert fühlte. Es entwickelte daraus das clowneske Tanztheater „Herr Schmetterling sucht eine Braut“, das am Freitag im T-Werk Premiere hat. „Das Stück lässt sich in mehrere Ebenen packen – die der Blumen und des Schmetterlings und die des Menschen. Am Ende sind sie deckungsgleich“, erzählt der Schauspieler und Tänzer Steffen Findeisen am Rande der Proben. Er sieht in dem Märchen auch den Autor selbst vorwitzig aufblitzen. „Andersen sagte über sich: ,Ich habe mich am Leben satt gegessen – jedenfalls für heute Abend“. Er hat immer auf das Glück gewartet, war ruhe- und rastlos wie der Schmetterling. In diesem Hagestolz hat sich Andersen vielleicht selbst persifliert.“

Das Märchen ist die Einstandsidee von Kristina Busch, die das Nadi-Duo Noriko Seki und Steffen Findeisen nunmehr stärkt. Die einstige Palucca-Schülerin, die 20 Jahre beim Clown-Mimen-Theater „Salto vitale“ in Dresden ihren künstlerischen Mittelpunkt hatte, suchte in Potsdam eine neue Herausforderung. Vorsichtig klopfte sie an die Tür von Nadi, nachdem sie die Märcheninszenierung „Die Eicheln“ gesehen hatte. „Wirklich willkommen gefühlt habe ich mich, als Noriko zu mir sagte: ,Vorher waren wir nur zwei. Aber drei – das sind schon Leute“. Offensichtlich stimmt die Chemie zwischen dem Trio. „Man muss sich riechen können, deswegen tragen wir unsere Konflikte immer aus. Das ist schon eine Kunst für sich.“ Sie scheinen sie zu beherrschen, denn die drei denken bereits über nächste Projekte nach – dann mit Livemusik. Schließlich spielt Noriko Akkordeon, Steffen bläst Trompete und Kristina hat einen Geiger zu Hause.

Doch jetzt wird ihr Schmetterling noch nach Musik aus der Konserve fliegen: nach den stimmungsvollen Liedern des Franzosen René Aubry.

Die tief blickende Welt des Hans Christian Andersen erschloss sich Nadi bereits bei „Das Mädchen mit den Schwefelhölzchen“, mit dem sie auch tourten. „Es war schön zu sehen, wie sich zum Beispiel die Kinder der Fröbel-Schule davon verzaubern ließen. Viele von ihnen nehmen Medikamente wegen ihres auffälligen Verhaltens. In der Aufführung waren sie indes ganz still. Das schafft die Kraft des Theaters“, so Steffen Findeisen. Mit dem Geheimnisvollen seien aber auch die Erwachsenen zu kriegen. „Es ist eine Frage der Ausstrahlung. Wenn ich die Bühne betrete, sage ich mir immer: Ich will, dass ihr mir zuschaut, in meine Welt hinein kommt. Ich glaube, dass Publikum spürt das“, ist Kristinas Erfahrung.

„Jeder hat so sein Geheimnis“, wissen auch Steffen und Noriko, ohne ihres im Gespräch preis zu geben. Die beiden lernten sich in Bombay kennen. Noriko studierte in ihrem Heimatland Japan indische Kultur. Dann ging sie nach Indien, widmete sich dem dortigen Tanz und fand zum freien Theater. „Indien wurde meine neue Heimat“. Bis sie bei einem Festival auf die Gruppe „Ton und Kirschen“ aus Glindow traf. Mit ihrem schauspielerndem Mann und der kleinen Tochter folgte sie diesem Wandertheater. „Es war nicht mein Ziel, nach Deutschland zu kommen. Es ist so passiert und ich bin zufrieden damit.“ Als ihre Tochter vor zwei Jahren eingeschult wurde, wollte Noriko sesshaft werden und gründete mit Steffen das Theater Nadi. Anfangs hatten sie sprachliche Probleme. Aber beide verband die große Affinität zu den asiatischen Kulturen und Verhaltensformen, die die Momente der Stille höher schätzen als viele Worte. „Die Asiaten lassen lieber die Augen und Lippen sprechen. In Indonesien kennt man 30 Arten des Lächelns“, weiß das Potsdamer Urgestein Steffen Findeisen. Er lebte ein Jahr auf Bali und erweiterte dort das Spektrum seiner Ausdrucksmöglichkeiten. Als Schmetterling wird er sie ausreichend unter Beweis stellen können, denn Nadi spricht in Bildern – anstelle von Worten. Mimik, Gestik, Tanz sind das Vokabular. Und das erzählt am Freitag von dem Wechsel der Jahreszeiten: vom Frühling, wo noch alles jung und frisch ist, dem Altweibersommer, der seine Spinnennetze auslegt, und vom Winter, in dem die Eisblumen am Fenster verheißungsvoll glitzern. Ob Herr Schmetterling daran kleben bleiben wird?

„Herr Schmetterling sucht eine Braut“, T-Werk, 20., 21.Oktober, 20 Uhr, Eintritt 12/erm. 8/ 5 €, Karten unter Tel. 71 91 39.

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