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Kultur: Hinter Gittern

Frauenkulturtage: Filme über „unnormale“ Frauen

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Frauenkulturtage: Filme über „unnormale“ Frauen Man sitzt bedrückt im Kinosessel. Eine Frau, um die 30, langes dunkles Haar, unterränderte Augen und ungleichmäßige Haut, sitzt in einer Gefängniszelle und erzählt vom Mord an ihrem Mann. Leider, sagt sie, kann sie die Tat heute nicht mehr rückgängig machen. Vielleicht hätte es doch einen anderen Ausweg gegeben, hätten sie sich trennen können, ohne viel Streit und Gewalt. Die Frau blickt selbstbewusst in die Kamera, ganz nah erscheint ihr Gesicht auf der Leinwand. Aber wer will sie richten, fragt sie? Niemand habe auch nur eine vage Vorstellung davon, wie sie sich in dem Moment, der ihr Leben veränderte, und schon lange vorher gefühlt hat. Die Frau ist eine von 300 Inhaftierten eines Frauengefängnisses in Baden Württemberg, die in dem Dokumentarfilm „Gotteszell – Ein Frauengefängnis“ von Regisseurin Helga Reidemeister zu Wort kommen. Die Organisatorinnen der Frauenkulturtage haben den Streifen für ihr diesjähriges Kinoprogramm im Filmmuseum ausgesucht. Weibliche Identität und weibliche Prinzipien sind das Thema 2003. Die Filmauswahl setzt dabei auf Streifen mit starken Frauen, die leben, ohne sich von der Außenwelt irritieren zu lassen. Die Städterin Antonia zum Beispiel zieht im dem oscargekrönten Film „Antonias Welt“ nach dem 2. Weltkrieg aufs Land und macht oder lässt, was sie für richtig hält. Sie entscheidet, mit wem sie schläft oder wie sie die Kartoffeln erntet – auch wenn das im Dorf seit hunderten von Jahren anders geregelt wird. In „Ich Du Sie – Darlenes Männer“ von Andrucha Waddington geht es um die arme Landarbeiterin Darlene, die irgendwo in der staubigen Pampa von Brasilien lebt und um ihren Sohn durchzubringen den Heiratsantrag eines älteren, faulen Machos annimmt. Sie beginnt eine Affäre, verliebt sich in einen Wanderarbeiter und schafft es ganz nebenbei für sich und auch die Männer ein lebbares Leben zu führen, trotz der Armut. Antonia und Darlene sind starke Frauen, die ihr Leben im Griff haben, den widrigen Umständen zum Trotz, die sich durchsetzen, nach ihren Vorstellungen leben und sich nichts vorschreiben lassen. Die Frauen in Gotteszell, dem zu einem Gefängnis umgebauten Kloster, scheinen alles andere zu sein. Sylvana war Prostituierte. Sie verlor ihren Stolz nicht erst im Gefängnis, erzählt sie. Babs hat sich, seit sie 14 war, mit Drogen zugedröhnt, Nicole lebte ganz unauffällig, bis sie das Haus, in dem ihre Eltern schliefen, mit Benzin übergoss und anzündete. Man mag ihr nicht recht glauben, wenn sie sagt, sie würde die Tat bereuen – und im nächsten Satz von der Erleichterung spricht, die ihr die Tat verschaffte. Sie wollte niemandem wehtun. Nur endlich einmal Druck ablassen, reagieren auf die Gewalt, die ihre Familie ihr antat. Marion Hartig Weiteres Kinoprogramm der Frauenkulturwoche im Filmmuseum: „Antonias Welt“, heute und am Sonntag um 22 Uhr, „Ich Du Sie – Darlenes Männer“, heute 18 Uhr, Sonntag, 20 Uhr

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