
© Andreas Klaer
Kultur: Hörprobe mit Erdbeerpudding
Ab September im Regal, am Mittwoch in der „fabrik“ vorgestellt: Das neue Album von Subway to Sally
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„Eigentlich wollten wir das Licht komplett ausmachen, damit ihr die Musik nur mit einem einzigen Sinn erleben könnt, so wie im Dunkelrestaurant – aber dann wird das schwierig mitzuschreiben“, begrüßte Eric Fish die Journalisten Mittwochabend im „fabrik“-Café. Subway to Sally hatte zur exklusiven Listening Session eingeladen, um ihr neues Album einer kleinen Runde geladener Gäste vorzustellen. Coming soon: „Schwarz in Schwarz“, das elfte Studioalbum Potsdams vielleicht erfolgreichster Band, das erste unter eigenem Label, ab 23. September zu haben. Bei stimmungsvollem Kerzenschein präsentierten die Mittelalter-Metal-Rocker das neue Material, an dem zwar noch gearbeitet werde, so Sänger Eric Fish, das aber schon verdächtig fertig klingt. Der Albumtitel sei „ein Bekenntnis zur schwarzen Szene“, und die Fans können beruhigt sein: Ob Gothic- oder Metalanhänger, STS sind nach wie vor für alle da, es rockt. Es ist laut, es trägt und reißt mit. Bis plötzlich leise Töne einfließen, sauberer mehrstimmiger Gesang, Choräle voller Sehnsucht und Wut. Und sie zeigen, dass sie sich auch mal zurücknehmen können: Die leise Laute kommt ebenso zum Einsatz, zur Freude alle Mittelalterfans.
Lohnenswert in jeden Fall ein Blick auf die Texte, die meisten schreibt, allein oder mit seinen Kollegen, Sänger und Gitarrist Bodenski. „Ich bin da immer auf Empfang. Egal wo du bist, immer denkst du: Kann man das gebrauchen? Das ist schon anstrengend“, sagt er, der, nach sprachlichen Einflüssen gefragt, auf Francois Villon und Gottfried Benn verweist. Natürlich müsse man aufpassen, nicht in Klischees abzurutschen. Nicht mit allen Liedern sei er persönlich hundert Prozent glücklich – aber irgendwann müsse man aufhören zu arbeiten und ohnehin gibt es „bei sieben Leuten acht Meinungen.“
Kollege Simon schätzt den demokratischen Arbeitsprozess. „Wenn wir unsere neuen Ideen vortragen, das ist wie ein Seelenstriptease. Wenn dann der Daumen hoch oder runter geht – das kann man nur mit Freunden machen“, sagt der Gitarrist. Sechs der sieben Bandmitglieder sind immerhin seit fast 20 Jahren gemeinsam in Sachen Subway unterwegs. Nur die Drummer wurden zwischenzeitig ausgewechselt, seit sechs Jahren trommelt Simon Michael und hebt den Altersdurchschnitt der Stammbesetzung damit etwas an. Das dürfte sich nur positiv für die Fanbasis auswirken, die vom Alter her mittlerweile mehrere Generationen einschließt. Stehen bei Konzerten in den hinteren Reihen entspannt ihres Gleichen, kreischen vorn am Bühnenrand Teenager, die später von ihren Eltern abgeholt werden. „Die hören und verstehen unsere Musik natürlich ganz anders“, sagen die Jungs.
Zwei Songs der neuen Platte haben es ganz besonders in sich. Man wünscht niemandem solche Erfahrungen, um sie ganz zu verstehen. Als eine enge Freundin Bodenskis nach einem Motorradunfall verstarb, musste er seine Gedanken, die ihm bei der Beerdigung kamen, aufschreiben. Brillantes psychologisches Seelenporträt das Lied „Mir Allein“ über Missbrauch – beängstigend dicht dran und sprachlich ungemein schön, wenn man das bei so einem Thema sagen darf. Weit weg von allen Klischees über Liebe und Schatten, Angst und Nacht. Immer wieder werden Gott und dem Heiland Absage erteilt, selbst ist der Mann. „Sei Kopf oder Zahl, gewinnen kannst du nur dies eine Mal!“ Sie haben ihr Album vorfinanziert, mit etwas Bauchschmerzen zwar, aber auch Zuversicht. Im Oktober und Dezember geht es wieder auf Tour, sie sind fleißig. „Es kommt nichts von allein“, sagen sie. Der Erfolg vom Bundesvision Song Contest 2008 ist längst verpufft, Radiosender, selbst lokale Stationen, spielen ihre Songs nicht. „Passen nicht ins Profil“, sagen sie.
Dann noch einmal Posen für den Fotografen, Brust raus, Fäuste geballt und böse geschaut. Später schippern sie im Floß entspannt über die Havel bis nach Wannsee. „Ach, is det schöön hier“, und futtern Häppchen und lecker Erdbeerpudding. Steffi Pyanoe
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