zum Hauptinhalt

Kultur: „Ich bin ein Zugvogel“

Die Schweizer Künstlerin Laura Bott in Potsdam

Stand:

Die Schweizer Künstlerin Laura Bott in Potsdam Ursprünglich wollte Laura Bott Waldarbeiterin werden, des Holzes wegen, doch „weil ich eine Frau bin“, wurde nichts daraus. Jetzt hat sie es im Rahmen eines 2003 vereinbarten Künstleraustausches zwischen der Stadt Potsdam und dem Schweizer Kanton Graubünden in die „Zentrale Preußens“ verschlagen, mit einem Handgeld von tausend Euro unterstützt, auf drei Monate. Sie darf passenderweise in der Villa Grenzenlos wohnen, Stadt und Szene erkunden, arbeiten. Von Gestalt schlank, steht sie noch im ersten Lebensdrittel. Das Amt der Kulturbeigeordneten Gabriele Fischer ließ es sich am gestrigen Montag nicht nehmen, die junge Dame über die Presse der Öffentlichkeit bekanntzumachen, wogegen nun rein gar nichts spricht. Die Vereinbarung mit dem Schweizer Nachbarn ist auf fünf Jahre konzipiert und inzwischen auch „gut angelaufen“, wie Gabriele Fischer stolz mitteilte. Sie wünschte sich allerdings, auch anderen Nachwuchs in Sachen Kunst zu erreichen, junge Musiker etwa. Im Austausch befindet sich derzeit Sybille Junge dort, jene Künstlerin, welche an dem weitbekannten „Sofa-Projekt“ beteiligt gewesen. Der Ansturm auf das amtliche Angebot („kein Haken daran!“) ist freilich so üppig nicht. Meldeten sich letztes Jahr acht Bewerber, so waren es diesmal nur drei; vielleicht muss sich das erst noch herumsprechen. Verpflichtungen sind an den Gastaufenthalt jedenfalls nicht geknüpft, kein Auftragswerk wird bestellt, doch erwartet man schon „Produkte“, um sie den Einheimischen in der Galerie Mittelstraße vorzustellen. Laura Bott, die nach eigener Aussage gern auf den Händen geht, wusste das wohl. Sie brachte deshalb per Laptop eine ganze Galerie von Entwürfen und Fotos mit, Ansichten Potsdams, der durch Landschaft und Architektur faszinierenden Stadt. Auch wenn das Pressegespräch gelegentlich wie ein ziviles Examen wirkte, war doch schon mal zu erkennen, wie sehr sich die Schweizerin auf griffiges Material, strenge Form und mancherlei Farben festlegen mag. Auf Balancen. Kontakte nahm sie zum Verband der bildenden Künstler Brandenburgs auf, doch „ihr“ erster Potsdamer Maler war Peter Rohn, dessen Ausstellungseröffnung im Alten Rathaus sie miterlebte. Sie findet seine Werke „faszinierend“. Auch Berlin mit seinen Museen und Galerien wurde bereits erkundet, bei Tage, bei Nacht, was sie („ich bin ein Zugvogel“) ob unglaublicher Lichteffekte offenbar besonders reizt. Vielleicht sollte man, des guten Bemühens wegen, nicht sagen, wie sie den Vergleich der beiden Nachbarstädte ausdrückte. Gastgeber ist ja Potsdam, Besitzer der „zusammengewürfelten“ Bahnhofspassagen und etlicher „oller“ Häuser aus den Sechzigern. Aber den Babelsberger Herbst findet sie schön, und aus den Treppenabgängen der Glienicker Brücke möchte sie – vielleicht – etwas Grossformatiges machen. Doch über ungelegte Eier spricht keiner gern. Ach ja, auch liebt sie den Sperrmüll der Strasse in Hoffnung, daraus Kunst erstehen zu lassen. Wirklich Kunst? Zögerlich antwortet sie dann: „Ich glaube schon“. Glück allewege in Potsdam. Georg Martinger

Georg Martinger

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })